Konzerte über dem KIT Achim Spyra holt die Welt an den Rhein

Der Chef des KIT-Cafés bucht die spannendsten Künstler des Global Pop für sein Haus. Der Konzertbetrib rught coronabedingt. Nun hofft Spyra zumindest auf einen Herbst voller Musik.

 Achim Spyra vor dem  KIT-Café am Rheinufer.

Achim Spyra vor dem  KIT-Café am Rheinufer.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Achim Spyras feines Gespür für Global Sound hat damit zu tun, dass er in seinem Leben so selten verreist ist. Sein Geld reichte nicht, um die Welt zu entdecken, also lauschte er sich in die Kontinente hinein und folgte dem Rhythmus der Völker, indem er ihre Musik hörte. Er saß zu Hause mit seiner Abenteuerlust, bereit, ihr nachzugeben, bis ihm die Ohren sausten. Im Verlauf der Jahre professionalisierte er seine Leidenschaft und bescherte Düsseldorf einen Hotspot für Live-Musik. Manche sagen über Spyra, er sei der Wirt des KIT Café am Rheinufer, was aber nur zur Hälfte stimmt, denn er ist auch ein Gestalter, der es versteht, diesen besonderen Ort mit Musik von Bands zu füllen, die ordentlich Wumms haben können, was niemanden stört, weil das KIT keine direkten Nachbarn hat.

Abends um 18 Uhr verwandelt sich das Museumscafé über dem Kunsttunnel in einen Klangraum. Im Moment ruht der Konzertbetrieb wegen der Auflagen zum Coronavirus, aber der Spätsommer und der Herbst kommen ja noch. Dann ist es besonders schön, denn man kann von der Café-Terrasse der Sonne zuschauen, wie sie untergeht und ein paar Dezibel des Großstadtschalls mit sich nimmt. „Es ist ein besonderer Ort“, sagt Achim Spyra. „Die Kniebrücke erinnert mich an Istanbul, und der Rhein ist an dieser Stelle offener als ein Fluss, weil er in unterschiedliche Richtungen fließt.“ Hier sei Düsseldorf weltläufig.

Der Strom und die Musik, Achim Spyra verknüft beides seit 2017 in der Reihe „Rhein features…“, für die er mit dem Bundeskulturpreis „Applaus 2018“ ausgezeichnet wurde. Die Würdigung gilt Spielstätten mit einem besonderen Live-Musikprogramm. Zu erleben waren 2017 unter anderem „MaJoR bug“ aus Paris, ein elektro-akustisches Duo, das sich auf afroamerikanische Musik stützt und manchmal etwas John Cage untermischt (Rhein features Seine). Im vergangenen Jahr gab es etwa slawischen Avantgarde-Punkt von Iva Nova aus St. Petersburg (Rhein features Newa) und psychodelischen Jazz der legendären Idris Ackamoor & The Pyramids aus San Francisco (Rhein features Golden Gate). „Wenn die Musiker ankommen, sind sie von den knappen räumlichen Möglichkeiten immer erst einmal irritiert“, sagt Spyra. Allerdings hat er mit Romano Granderath vom Künstlerverein WP8 einen Technik-Künstler an seiner Seite, der aus so gut wie nichts alles macht. „Wenn Romano sein Werk vollbracht hat und die Künstler ihren ersten Soundcheck machen, wissen sie, dass sie es mit Profis zu tun haben.“

Bis zu 150 Gäste können die Konzerte besuchen, für mehr reicht der Platz nicht. Wenn sie in die Hände klatschen, spüren die Musiker den Wind ihres Applaus‘, so nah kommen sich Künstler und Publikum. „Da funkt es wirklich“, sagt Spyra. Er weiß, wie man einen Raum bestmöglich nutzt, auch wenn er sich manchmal wünscht, seine Location sei größer. Spyra hat 25 Jahre als Bildhauer gearbeitet, zunächst mit Bert Gerresheim, dann alleine. Das Managen von Dimensionen jagt ihm keine Angst ein.

Am Lessing-Gymnasium lernt er als Schüler Bert Gerresheim kennen, der dort Kunst unterrichtet. Nach dem Abitur studiert er Kunstgeschichte, Philosophie und Archäologie in Köln und arbeitet währenddessen als Gerresheims Assistent. Nach Abschluss seines Studiums ist er als freier Bildhauer tätig, für ein paar Jahre leitet er die Werkstatt der Kunstgießererei Schmäke. Neben seiner Arbeit als bildender Künstler engagiert sich Achim Spyra in der Musik. Er realisiert Festivals wie das „Globalklang“ im Ehrenhof sowie das Programm der Jüdischen Kulturtage. Seit 2018 ist er Mitglied im Rat der Künste. Den Lebensunterhalt für sich, seine Frau und die Tochter verdient er als Betreiber des KIT-Café. Von der Bildhauerei zu Gastronomie und Konzertexpertise, wie geht das? „Es hat sich so ergeben“, lautet Spyras einfache Anwort.

In der Szene erlesener Global-Sound-Künstler aus der ganzen Welt hat sich herumgesprochen, dass sich ein Abstecher nach Düsseldorf am Rhein lohnt. „Wenn die Musiker auf Europatour sind, richten sie es ein, einen Abend bei uns zu spielen“, sagt Spyra. „Ich frag‘ da nicht mehr nach, die Agenturen der Bands kommen von sich aus auf uns zu.“

Aktuelle Termine sind wegen des Coronavirus abgesagt oder verschoben. Wie etwa der Auftritt der jungen Rapperin Drik Barbosa aus Sao Paolo, die politisch manchmal scharfe Töne anschlägt. Im KIT-Café wollte sie ihr neues Album vorstellen, es wäre ihr erster Besuch in Europa gewesen. „Mal sehen, was wird“, sagt Achim Spyra.

Er hofft auf den Herbst.

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