Facebook, Twitter und Youtube Soziale Netzwerke lassen viele gemeldete Inhalte stehen

Berlin · Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz soll Hetze und Lügen im Internet stoppen. Facebook, Twitter und YouTube ziehen nun eine erste Bilanz. Demnach lassen sie die meisten gemeldeten Beiträge und Videos stehen.

Anfang des Jahres ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) in Kraft getreten. Seitdem stehen Online-Netzwerke wie Facebook, Twitter und Youtube stärker unter Druck, rechtswidrige Einträge mit Hass und Hetze schneller und konsequenter zu entfernen. Die beiden Unternehmen ziehen nun eine Bilanz für die ersten sechs Monate.

  • YouTube hat in den ersten sechs Monaten des Jahres 213.330 Beschwerden nach dem NetzDG erhalten. Davon seien etwa 58.000 oder 27 Prozent entfernt worden, weil sie gegen das NetzDG oder die eigenen Richtlinien verstoßen hätten, teilte die Google-Tochter mit. 92 Prozent der entfernten Inhalte seien innerhalb von 24 Stunden gesperrt oder gelöscht worden.
  • Facebook hat im selben Zeitraum deutlich weniger Beschwerden erhalten: Wie der Konzern mitteilte, meldeten die Nutzer in den ersten sechs Monaten des Jahres 1704 Inhalte. 362 oder umgerechnet rund 21 Prozent seien geblockt oder entfernt worden.
  • Twitter erhielt insgesamt fast 265.000 Beschwerden, von denen das Unternehmen knapp 29.000 (etwa 11 Prozent) aus dem Netz entfernte

Dass die Zahlen der gemeldeten Inhalte bei den beiden Plattformen so weit auseinanderliegen, hat wohl auch mit dem unterschiedlichen Meldeweg zu tun. So kritisierte das Bundesjustizministerium den „komplizierten Beschwerdeweg“ bei Facebook.

Gerd Billen, Staatssekretär im Ministerium, zeigte sich am Freitag zufrieden, dass das Gesetz erste Wirkung zeige: „Dennoch, wir stehen erst ganz am Anfang.“ Das NetzDG hatte allerdings auch für Kritik gesorgt. Gegner argumentieren, dass es die Plattformbetreiber dazu verleitet, aus Angst vor Bußgeldern grenzwertige Inhalte eher zu sperren. Das könne zu Zensur führen.

Die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen (ROG) fordert dagegen Nachbesserungen am NetzDG. Das Gesetz habe zu einem sogenannten Overblocking legaler Inhalte bei Facebook und Google geführt. würden viele Inhalte löschen, die in Deutschland legal seien. Damit wollten sie sichergehen, nicht bestraft zu werden. Die Journalistenorganisation fordert von der Bundesregierung deshalb eine unabhängige Prüfinstanz.

Grüne und FDP hatten bereits im Januar eine Überarbeitung des Gesetzes gefordert. Vorher hatte Twitter den Account des Satiremagazins „Titanic“ geblockt und einen Tweet gelöscht. Darin hatte das Magazin eine Nachricht der AfD-Politikerin Beatrix von Storch parodiert. Für Twitter war die Satire offenbar nicht zu erkennen gewesen. Der Kurznachrichtendienst will ebenfalls noch eine Bilanz der ersten Monate vorlegen, schreibt „Spiegel Online“.

Das Gesetz, das am 1. Januar in Kraft getreten war, setzt bestimmte Löschfristen bei offensichtlich strafbaren Inhalten wie Volksverhetzung. Die Beiträge sollen innerhalb von 24 Stunden gelöscht werden, bei schwieriger zu entscheidenden Fällen soll innerhalb von sieben Tagen dagegen vorgegangen werden. Wer dieser Forderung wiederholt und systematisch nicht nachkommt, dem drohen Geldstrafen in Millionenhöhe. Bußgelder musste keiner der beiden Konzerne zahlen, wie Facebook und Youtube mitteilten.

Wenn die Netzwerke nicht schnell genug reagieren, können sich die User beim Bundesamt für Justiz beschweren. Bis Ende März hatten das deutlich weniger Internetnutzer gemacht als erwartet. Wie das Bundesamt für Justiz damals mitteilte, waren in den ersten drei Monaten erst 242 Anzeigen eingegangen. Es waren dagegen rund 25.000 Fälle für das ganze Jahr prognostiziert worden. Die niedrige Zahl der Anzeigen sei „ein Indiz dafür, dass das Gesetz Wirkung zeigt und die Plattformen ihrer Pflicht nachkommen“, sagte Ende März ein Sprecher des Bundesamtes.

(wer/dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort