Berlin Zoll ermittelt gegen chinesische Solarfirmen

Berlin · Viele chinesische Hersteller und Importeure in Europa sollen die europäischen Strafzölle umgehen.

Deutsche und europäische Behörden ermitteln gegen chinesische Unternehmen und ihre Kunden, die zwischen der EU und China vereinbarte Maßnahmen gegen Dumping-Preise für Solarprodukte angeblich umgehen. Zollbehörden und Staatsanwaltschaften hätten zusammen mit einer Brüsseler Behörde Einfuhren von Solarpaneelen im Visier, "bei denen der Verdacht besteht, dass Anti-Dumping-Zölle umgangen wurden", erklärte das Bundesfinanzministerium gegenüber der "Süddeutschen Zeitung". Branchenexperten sprechen von mehr als 1000 möglichen Verletzungen des Abkommens mit China. Die Ermittlungen seien noch nicht abgeschlossen. In Deutschland bestehe der Verdacht, "dass mindestens zwölf Unternehmen chinesische Solarpaneelen unter Umgehung von Antidumpingzöllen eingeführt haben", so das Ministerium.

Die EU hatte Ende 2013 Mindestpreise und Strafzölle auf Solarzellen und -module aus China eingeführt, um die in Europa verbliebenen Hersteller, zum Beispiel den Bonner Produzenten Solarworld, vor der Dumping-Konkurrenz aus China zu schützen. Chinesische Anbieter hielten sich jedoch oft nicht daran. Sie liefern Solartechnik zunächst nach Taiwan, Thailand oder Malaysia. In den Lieferpapieren tauchen dann diese Länder als Herstellerländer auf, für die das Dumpingverbot der EU nicht gilt. Der europäische Solar-Branchenverband EU ProSun hatte bereits vor einigen Wochen auf diese Praktiken hingewiesen.

Fahnder hefteten sich in Hamburg, Baden-Württemberg und Bayern an die Fersen von Verdächtigen, berichtete die Zeitung. Die Ermittlungen liefen bundesweit, bestätigten Stuttgarter Zollfahnder. Für die Fahnder sind die kriminellen Machenschaften allerdings schwer zu durchschauen. "Ein Erkennen von Missbräuchen ist extrem schwierig, da die bei der Einfuhr vorgelegten Dokumente häufig echt sind und erst später aufwendig festgestellt wird, dass diese beispielsweise aufgrund falscher Angaben von kriminellen Personen ausgestellt wurden", heißt es in der Stellungnahme des Ministeriums.

Als Konsequenz aus den Ermittlungen drohen nicht nur den Importeuren Steuerstrafverfahren und Bußgelder, in schweren Fällen sogar Gefängnis. Auch die Kunden, die sich aktiv auf dubiose Importe aus Asien einlassen, müssten Zollnachzahlungen und strafrechtliche Konsequenzen fürchten, sagen Juristen - bis hin zur Pfändung der Anlagen.

Mit den Ermittlungen droht ein Handelsstreit zwischen Europa und China wieder auszubrechen. Die Solarbranche fordert, die Ende 2015 auslaufenden Schutzregeln gegen die aggressive chinesische Solarkonkurrenz zu verlängern. Teile der Branche verlangen zudem, die Strafmaßnahmen noch auszuweiten. Dadurch könnte allerdings eine neue Eiszeit im Handel mit China drohen, spekuliert die "Süddeutsche Zeitung". China ist einer der größten Absatzmärkte der deutschen Industrie insgesamt, Gegenmaßnahmen des Riesenreiches wären daher nicht erwünscht.

(mar)
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