Essen Die Warenhaus-Tristesse

Essen · Was wird aus den Karstadt-Niederlassungen, die 2016 den Betrieb einstellen? Shopping-Center wären denkbar, Bauruinen a la Hertie der Alptraum einer jeden Stadt.

In fünf Karstadt-Filialen gehen in den nächsten dreizehn Monaten die Lichter aus. Aber was wird aus den Häusern in Mönchengladbach, Recklinghausen, Bottrop, Dessau und Neumünster, in denen 2016 der Geschäftsbetrieb eingestellt wird? In Mönchengladbach erwägt die städtische Entwicklungsgesellschaft die Übernahme vom Vermieter Highstreet, in Bottrop (auch hier ist Highstreet der Eigentümer) dagegen herrscht derzeit noch Ratlosigkeit über die Zukunft der Immobilie, die ein Jahrhundert lang das Bild der Innenstadt mit geprägt hat. Es geht schon die Angst um, dass einzelne Karstadt-Filialen irgendwann den Weg mancher Hertie-Niederlassung gehen könnten. Auch Hertie war mal ein renommierter Kaufhaus-Betreiber, wurde dann von Karstadt übernommen und war am Ende insolvent. Einige der einst stolzen Warenhäuser verkamen zur Bauruine.

Ulrich Wölfer kennt eine mögliche Antwort auf die anstehenden Probleme: "Man könnte aus den Häusern kleine tragfähige Geschäftshäuser mit attraktivem Branchenmix machen. die dann als Magnet für die Innenstadt wirken können." Wölfer ist verantwortlich für die Projektentwicklung von MFI, einem der großen Center-Entwickler und -Betreiber in Deutschland, der jüngst erst eines in der Mönchengladbach Innenstadt eröffnet hat. Das Problem, das Wölfer sieht: "Die klassischen Shopping-Center haben drei Geschosse, manche Karstadt-Filiale ist größer. Da müsste man dann möglicherweise zwei Etagen stillegen." Ob er selbst ein Interesse an der Niederlassung im Stadtteil Rheydt habe? "Nein", sagt Wölfer, "das ist für uns zu klein. Wir haben in der Regel Flächen zwischen 40 000 und 50 000 Quadratmetern." Die Idee der Mönchengladbacher Entwicklungsgesellschaft, die Immobilie selbst zu erwerben, hält er für vernünftig: "Die Stadt könnte dann Karstadt auf kleinerer Fläche eine Einheit im Erdgeschoss geben und daneben anderen Platz zur Verfügung stellen - beispielsweise Boutiquen oder anderen Geschäften."

Vermieter Highstreet hüllt sich bisher in Schweigen. Dem Konsortium gehören alle fünf Häuser, die 2016 ihre Tür schließen. Angeblich sind die Mietverträge einvernehmlich beendet worden - womöglich hat sich Karstadt mit einer Abschlagszahlung aus jahrelangen Verpflichtungen freigekauft. Mögliche Rechnung: Lieber einmal richtig Geld in die Hand nehmen, als weiterhin Filialen zu betreiben, die nicht profitabel arbeiten. Das könnte ein Modell für weitere Schließungen sein, heißt es in Handelskreisen. Aber: Erstens ist das eine sehr teure Alternative, zweitens würde der Glaube der Belegschaft an die Geschäftsführung weiter abnehmen. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert permanent, dass aus dem Management kein betriebswirtschaftlich plausibles Konzept für die Zukunft kommt. Solange die Verkündung von Schließungsplänen nicht mit der Ankündigung von Investitionen in andere Teile verbunden wird, wirkt Karstadt wie ein Unternehmen, das einen Tod auf Raten stirbt.

Das wissen auch die Gewerkschafter. Verdi fürchtet, dass von den Kürzungsplänen der Konzernführung nicht "nur" ein paar hundert Mitarbeiter betroffen sein könnten wie jetzt in den fünf zu schließenden Filialen, sondern mehr als 6000 der noch knapp 16 000 Beschäftigten. Ein neues Horror-Szenario. Gestern haben die Verdi-Verhandlungsführer in Frankfurt im Gespräch mit den Karstadt-Vertretern erneut versucht, der Gegenseite eine Standort- und Beschäftigungsgarantie abzuringen. Um den Druck auf den Arbeitnehmer zu vergrößern, haben auch Beschäftigte gestreikt. Solche Streiks waren allerdings bisher erfolglos.

(RP)
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