Überschuldung Wie eine Privatinsolvenz funktioniert

Düsseldorf · Manche Menschen schaffen den Weg aus der Schuldenfalle irgendwann nicht mehr. Der Gang zum Insolvenzgericht kann ihnen helfen. Was man für das Verfahren als Schuldner wissen sollte.

Wie eine Privatinsolvenz funktioniert​
Foto: dpa/Jonas Walzberg

Erst die Pandemie mit Kurzarbeit oder Jobverlust und deutlich verringertem Einkommen, dann Energiekrise und hohe Inflation mit gewaltigen Kostensteigerungen: Die Gefahr, dass einem die Schulden über den Kopf wachsen, ist in den vergangenen zwei bis drei Jahren für viele gestiegen. Die jüngste Prognose der Wirtschaftsauskunftei Creditreform stellt für das kommende Jahr wachsende Überschuldung in Aussicht. Viele Belastungen seien bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern noch gar nicht angekommen, hieß es dort.

In manchen Fällen endet das dann womöglich in einer Privatinsolvenz – für viele der Albtraum schlechthin, weil sie den Gang zum Insolvenzgericht als peinlich und beschämend empfinden. Aber er kann helfen. Wie funktioniert so eine Privatinsolvenz? Ein Überblick.

Verfahren Wer es nicht mehr schafft, seine Schulden wie geplant abzubauen, und auch keinen Weg findet, sich mit den Gläubigern über eine Stundung oder einen zumindest teilweisen Schuldenerlass zu einigen, kann einen Antrag auf Privatinsolvenz beim Amtsgericht stellen. Wenn der genehmigt und das Verfahren in Gang gesetzt ist, geht der pfändbare Teil des Einkommens an einen Treuhänder, der davon zumindest Teile des Schuldenberges abträgt. Es bleibt ein pfändungsfreies Einkommen von aktuell 1330 Euro. Das fällt noch höher aus, wenn man beispielsweise Unterhaltspflichten erfüllen muss.

Vorteile Dank des in der Insolvenzordnung geregelten Verfahrens kann man grundsätzlich innerhalb von drei Jahren schuldenfrei sein. Dafür muss ein Antrag gestellt werden. Anders als bis Oktober 2020 – bis dahin mussten für eine Restschuldbefreiung mindestens 35 Prozent der Schulden zurückgezahlt werden – gibt es keine Mindestquote mehr für die Befreiung. Restschuldbefreiung ist aber nur dann möglich, wenn dies in den vergangenen zehn Jahren nicht schon einmal geschehen ist oder wenn ein entsprechender Antrag in den fünf Jahren zuvor abgelehnt worden ist, beispielsweise weil der Antragstellende straffällig geworden ist­­ ­­und/oder seine Mitwirkungspflichten verletzt hat. Zu diesen Pflichten gehört beispielsweise, dass man den pfändbaren Teil des Vermögens an den Treuhänder abgeben und über alle Veränderungen bei Einkommen und Vermögen informieren muss. Das pfändungsfreie Einkommen ist dann vor der Zwangsvollstreckung geschützt. Zudem gibt es ein Sonderkündigungsrecht, dank dessen man Verträge kündigen kann, ohne Kündigungsfristen einhalten zu müssen. Auch ein negativer Schufa-Eintrag wird gelöscht – drei Jahre nach der Restschuldbefreiung. 

Nachteile Das klingt zunächst alles gut. Doch ist eine Privatinsolvenz für die Betroffenen auch mit Nachteilen verbunden. Dazu gehört, dass ihr Status publik gemacht wird durch die Veröffentlichung des Verfahrens auf der Website des jeweiligen Insolvenzgerichts. Bekannt wird das Ganze dann nicht nur für die Gläubiger, die um die finanzielle Notlage wissen, für den Arbeitgeber und die Auskunftei Schufa, sondern auch für Menschen, denen man seine Privatinsolvenz nicht offenbaren will. Und wer in einer Stadt mit einem ohnehin angespannten Wohnungsmarkt eine neue Bleibe sucht, gehört vermutlich auch nicht zu denjenigen, die Vermieter in die engere Wahl ziehen. Generell gilt: In den 36 Monaten nach der Restschuldbefreiung, in denen man womöglich noch mit einem negativen Schufa-Eintrag leben muss, könnte man beispielsweise Probleme bei neuen Kreditverträgen bekommen.

Kosten Diese fallen beispielsweise an für die Verfahrenseröffnung sowie Veröffentlichungs- und Zustellgebühren und liegen je nach Zahl der Gläubiger und Insolvenzmasse häufig im niedrigen vierstelligen Bereich.

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