Spitzengespräch am Dienstag Flüchtlingsfinanzierung bleibt Streitpunkt in NRW

Düsseldorf · Wenn es um die Versorgung Geflüchteter geht, gehen die Vorstellungen des Landes NRW und der Städte und Gemeinden auseinander. Ärger droht auch beim Nahverkehr. Die Botschaft der Kommunen: So werde nichts aus der Verkehrswende.

 Kurz nach Putins Einmarsch in die Ukraine wurde am Düsseldorfer Hauptbahnhof ein Infopoint für ukrainische Flüchtlinge eröffnet.

Kurz nach Putins Einmarsch in die Ukraine wurde am Düsseldorfer Hauptbahnhof ein Infopoint für ukrainische Flüchtlinge eröffnet.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

Gerade mal rund eineinhalb Stunden waren am Dienstag in der Staatskanzlei in Düsseldorf für das Treffen des Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) mit Vertretern der Kommunalen Spitzenverbände angesetzt, um über die drängendsten Krisen zu sprechen. Am Ende hieß es: Man habe nicht alles klären können. Eine Botschaft, die immer wieder durchklang – bei Wüst, bei seiner Stellvertreterin Mona Neubaur (Grüne) und vor allem beim Vorsitzenden des NRW-Städtetags Thomas Kufen. Beim dringlichsten Thema, der Flüchtlingssituation, liegen die Vorstellungen der Landesregierung und der Städte und Gemeinden noch immer weit auseinander.

So werden die neu zugesagten Bundesmittel zur Flüchtlingsfinanzierung in den Jahren 2022 und 2023 anders als bei dem gleichen Vorgang im Frühjahr nicht mehr komplett, sondern nur noch zur Hälfte an die Kommunen ausgeschüttet. Das sind rund 500 Millionen Euro. „Ob das reicht, werden wir sehen“, sagte Thomas Kufen und blickte voraus: „Nach der Unterbringung kommt das Thema der Integration. Auch da haben wir noch keine Perspektive, wie wir die zusätzlichen Aufwendungen zu stemmen haben.“

Das Land will „seine“ Hälfte des Geldes unter anderem nutzen, um die Kapazitäten in landeseigenen Flüchtlingsunterkünften zu erhöhen. Die Zielmarke: eine Aufstockung auf rund 30.000 Plätze bis Januar. Die Städte und Gemeinden fordern allerdings viel mehr. Man erwarte eine Verdopplung, sagte Thomas Kufen.

Ministerpräsident Wüst stellte in Aussicht, dass das langfristig im Rahmen des Möglichen wäre. Aber es müssten eben auch geeignete Immobilien dafür gefunden werden. Das greift wiederum eine Forderung der Landesregierung auf: Sie sieht die Kommunen in der Pflicht, Vorschläge zu möglichen Standorten zu unterbreiten – und Einrichtungen auch auf dem eigenen Stadtgebiet zu akzeptieren.

„Wir werden unseren Beitrag leisten“, sagte Kufen dazu. Wenn beispielsweise Kommunen ihre eigenen Kapazitätsgrenzen noch nicht erreicht hätten und große geeignete Immobilien hätten, so sei es die „Erwartungshaltung“, dass sie sich meldeten.

Weiteren Austausch verabredeten die Landesregierung und die kommunalen Spitzenverbände auch zu Strategien für die Energiekrise: „Wie kommen wir gemeinsam durch mögliche regionale Gasmangellagen, durch mögliche teilweise Stromausfälle?“, umriss es die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubaur (Grüne).

Ebenso ist das Geld für den öffentlichen Nahverkehr ein Problem – das Stichwort lautet „Regionalisierungsmittel“. Mit dem, was bis jetzt verabredet sei, werde es keinen Ausbau des Angebotes geben, sagte Thomas Kufen. Vielmehr würden angesichts steigender Betriebskosten erste Kommunen ihre Leistungen demnächst einschränken. „Die Verkehrswende wird so nicht gestaltet werden können“, befand er. Ein Umstand, der in Verhandlungen auf Bundesebene geändert werden müsste.

Die Kommunen hoffen weiterhin auf Hilfe, um Flüchtlingsunterkünfte zu finanzieren, die nicht akut gebraucht werden, sondern die sie rein vorsorglich bereithalten. Auch über den Aufbau solcher „stehenden Kapazitäten“ werde noch zu reden sein, so Hendrik Wüst.

Ein weiterer finanzieller Baustein der Krisen-Unterstützung für die NRW-Kommunen sind Corona-Hilfen in Höhe von 500 Millionen Euro.

Die politische Opposition im Düsseldorfer Landtag bescheinigte der Landesregierung, sie sei aus dem „Dornröschenschlaf erwacht“: „Die Kommunen in NRW sollen endlich in der Energiekrise vom Land finanziell unterstützt werden – besser spät als nie“, so der stellvertretende SPD-Fraktionschef Christian Dahm. Es fehle aber an konkreten Zusagen. „Wir müssen verhindern, dass die Unterbringung von Geflüchteten, die Finanzierung des öffentlichen Nahverkehrs und die steigenden Kosten aufgrund der Energiekrise unsere Kommunen weiter in die Schuldenfalle treiben.“

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