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Diesel-Skandal VW rät von Hardware-Nachrüstungen ab

Berlin · Für Dieselbesitzer bleibt auch kurz vor dem Start ins neue Jahr Ungewissheit über Hardware-Nachrüstungen ihrer älteren Dieselfahrzeuge. VW zum Beispiel rät von den vom Bundesverkehrsminister vorgelegten Umbauplänen ab.

Ein Kfz-Meister lädt im Rahmen der Rückrufaktion zum Abgasskandal ein Software-Update auf einen Volkswagen Golf hoch (Symbol-/Archivbild)

Ein Kfz-Meister lädt im Rahmen der Rückrufaktion zum Abgasskandal ein Software-Update auf einen Volkswagen Golf hoch (Symbol-/Archivbild)

Foto: dpa/Julian Stratenschulte

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer hat am Freitag technische Vorschriften für die Umbauten vorgelegt. Volkswagen reagierte umgehend: Der Branchenführer warnte vor einem höheren Verbrauch nach einer Umrüstung und vor negativen Folgen bei der Zuverlässigkeit der Autos: „Dies können wir als Automobilhersteller im Sinne unsere Kunden weder befürworten noch dafür haften. Deshalb raten wir von Hardware-Nachrüstungen ab.“

Das Bundesumweltministerium hat die massive Kritik von Volkswagen an Hardware-Nachrüstungen bei Dieselautos deutlich zurückgewiesen. "Die Reaktion von VW wundert uns", sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. VW habe sich bei Verhandlungen mit dem Verkehrsministerium im November bereiterklärt, Diesel-Fahrzeuge für bis zu 3000 Euro mit Katalysatoren nachrüsten zu lassen. "Dass VW nun eine Rolle rückwärts macht und wieder ausschließlich auf die Erneuerung der Fahrzeugflotte setzt, ist ärgerlich und wird kaum das verlorene Vertrauen in den Autokonzern wiederherstellen. Denn ein wenige Jahre altes Fahrzeug gegen ein neues einzutauschen, können sich nur die Wenigsten leisten und ist ökologischer Irrsinn."

Die Umrüstungen sind Teil eines Maßnahmenpaketes der Bundesregierung für bessere Luft. In vielen Städten werden Schadstoff-Grenzwerte überschritten, eine Hauptursache sind Dieselabgase. Gerichte haben für mehrere Städte Fahrverbote angeordnet. Aus Sicht von Befürwortern senken die Nachrüstungen, bei denen ein Katalysator eingebaut wird, den Schadstoff-Ausstoß am wirksamsten.

Die Hersteller haben die Umbauten allerdings von Anfang an sehr skeptisch gesehen. Auch Scheuer hatte sich ablehnend geäußert. Er hatte aber auf Druck der SPD und des Kanzleramts im November mit den deutschen Herstellern einen Kompromiss erzielt. Dabei ging es vor allem um die Finanzierung der Nachrüstungen.

VW und Daimler hatten zugesagt, Dieselautos in 15 „Intensivstädten“ mit einer besonders hohen Schadstoff-Belastung für bis zu 3000 Euro pro Wagen mit einer Hardware nachrüsten zu lassen. Experten schätzen die Kosten inklusive Einbau auf etwa 3000 Euro.

Bereits nach dem Spitzentreffen im November hatte VW erklärt, der Konzern werde Hardware-Nachrüstungen nicht anbieten und Fahrzeughaltern auch nicht empfehlen. BMW ist komplett gegen die Nachrüstungen, will Dieselbesitzer aber nach Auslaufen der „Umtauschprämien“ mit der gleichen Summe unterstützen - etwa für einen Neukauf. Es ist aber unklar, wie genau das funktionieren soll.

Die Hersteller und Scheuer setzen vor allem auf eine Erneuerung der Diesel-Flotte. Die Autobranche hatte höhere Kaufanreize für Kunden auf den Weg gebracht, die ihr altes durch ein neues Dieselauto ersetzen. Es ist aber fraglich, ob diese Prämien wirken und viele Kunden davon Gebrauch machen. Vor allem die SPD hatte argumentiert, dass sich viele Dieselbesitzer auch mit den „Umtauschprämien“ keinen Neuwagen leisten könnten, und pochte auf Hardware-Nachrüstungen.

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Für viele Kunden bleibt jedoch nach wie vor unklar, ob sie ihren Wagen überhaupt mit einer neuen Hardware nachrüsten lassen können. Ausländische Hersteller wollen sich daran nicht beteiligen. Und bis erste Fahrzeuge in die Werkstätten kommen, könnte es Monate dauern.

Nach den nun vorgelegten Vorschriften müssen die Hersteller zum Beispiel bestätigen, dass die Funktionsfähigkeit des Nachrüstsystems bei bestimmungsgemäßem Betrieb über eine Leistung von 100.000 Kilometern oder über eine Lebensdauer von bis zu fünf Jahren gewährleistet ist. Außerdem sollen nachgerüstete Fahrzeuge bei Messungen einen Grenzwert bei den Stickoxidemissionen von 270 Milligramm pro gefahrenem Kilometer unterschreiten.

Dieser Wert ist insofern wichtig, weil die Bundesregierung festschreiben will, dass Diesel-Fahrzeuge der Abgasnormen Euro 4 und Euro 5 künftig von Fahrverboten ausgenommen werden - falls diese im Alltag nicht mehr als 270 Milligramm Stickstoffdioxid pro gefahrenem Kilometer ausstoßen.

„Jetzt ist die Nachrüstindustrie am Zug, wirksame Systeme zu entwickeln, mit denen alle Grenzwerte und Vorschriften eingehalten werden“, sagte Scheuer. Bisher liegen laut Ministerium noch keine vollständigen Anträge beim KBA für eine Genehmigung von Hardware-Nachrüstungen vor. Scheuer hatte der Deutschen Presse-Agentur gesagt, die Entwickler der Nachrüstsysteme hätten gesagt, sie bräuchten sechs Monate: „Dann kann das KBA die Genehmigungen erteilen und dann kann möglichst schnell die Produktion und der Einbau erfolgen.“

VW-Entwicklungsvorstand Frank Welsch erklärte am Freitag, es gebe bis jetzt keine gesicherten Erkenntnisse, wie sich nachträgliche Eingriffe in das Steuerungssystem, die Komponenten und die Fahrzeugarchitektur im Dauerbetrieb langfristig auswirkten. Für VW sei es wichtig, dass die Kunden ein zuverlässiges und gebrauchssicheres Fahrzeug nutzen könnten.

„Eine technisch nicht ausgereifte Nachrüstlösung kann wichtige Fahrzeugeigenschaften zum Nachteil unserer Kunden verändern“, so Welsch. „Das Fahrzeug wird sehr wahrscheinlich mehr verbrauchen, an Leistung verlieren und auch lauter werden. Eine Umrüstung, die einen enormen technischen und zeitlichen Aufwand bedeutet, kann zu massiven Problemen bei der Zuverlässigkeit und damit bei der Kundenzufriedenheit sorgen.“

Der Präsident des Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, sagte der „Welt“, Besitzer älterer Diesel könnten bei technischen Problemen nach einer Nachrüstung nicht mit Unterstützung der deutschen Hersteller rechnen: „Wenn ein Kunde sein Fahrzeug umbauen lässt, dann tragen er und der Nachrüster auch die Verantwortung für mögliche Folgeschäden.“

(felt/dpa)
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