Überbrückungshilfe, Neustarthilfe und Kurzarbeit Corona-Wirtschaftshilfen werden bis März 2022 verlängert

Berlin · Überbrückungshilfe III Plus, Kurzarbeiter-Regelung sowie die Neustarthilfe für Soloselbständige: Besonders belastete Unternehmen in der Corona-Krise bekommen länger Wirtschaftshilfen. Der Bund verlängert die bisher bis Jahresende befristeten Hilfen bis Ende März 2022.

 Peter Altmaier, geschäftsführender Bundeswirtschaftsminister, hat schon mehrmals ein Statement zur Verlängerung der Corona-Wirtschaftshilfen abgegeben (Archivbild).

Peter Altmaier, geschäftsführender Bundeswirtschaftsminister, hat schon mehrmals ein Statement zur Verlängerung der Corona-Wirtschaftshilfen abgegeben (Archivbild).

Foto: dpa/Wolfgang Kumm

Das geht aus dem Beschlusspapier nach den Beratungen von Bund und Ländern am Donnerstag hervor. Der Bund will außerdem gemeinsam mit den Ländern weitere Maßnahmen zur Unterstützung der von Corona-Schutzmaßnahmen besonders betroffenen Advents- und Weihnachtsmärkte entwickeln. Für betroffene Unternehmen des Handels bestehe weiterhin die Möglichkeit, aufgrund von Maßnahmen nicht verkäufliche Saisonware im Rahmen der Überbrückungshilfe III Plus zu berücksichtigen, heißt es. Außerdem unterstützten die Regierungschefinnen und -chefs der Länder die fortgesetzte Gewährung eines Entschädigungsanspruchs von Eltern, die pandemiebedingt die Betreuung ihrer Kinder übernehmen.

Bundesfinanz- sowie Wirtschaftsministerium hatten sich dem Vernehmen nach zuvor auf die Verlängerung der Überbrückungshilfe verständigt, Fachpolitiker der möglichen neuen Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP tragen dies mit. Verhandelt werden solle nun aber noch über die genauen Förderbedingungen, wie die Deutschen Presse-Agentur aus Fraktionskreisen erfuhr.

Zwar ist die deutsche Wirtschaft nach dem coronabedingten Einbruch des Bruttoinlandsprodukts 2020 wieder auf Wachstumskurs. Die Bundesregierung und die „Wirtschaftsweisen“ hatten aber ihre Konjunkturprognosen für dieses Jahr gesenkt. Bei den „Wirtschaftsweisen“ hieß es, zu bedeutsamen Risiken für die Entwicklung der Konjunktur gehörten länger andauernde Lieferengpässe sowie ein erneut stark aufflammendes Pandemiegeschehen im Winter.

Die milliardenschweren Überbrückungshilfen sind das zentrale Kriseninstrument des Bundes, um die Folgen der Pandemie auf Firmen und Jobs abzufedern. Unterstützt werden nach derzeitigem Stand Unternehmen mit einem coronabedingten Umsatzeinbruch von mindestens 30 Prozent. Vergleichswert ist in der Regel der jeweilige Monat im Vor-Corona-Jahr 2019. Erstattet werden fixe Betriebskosten wie Mieten und Pachten oder Ausgaben für Strom und Versicherungen. Die Förderhöhe ist gestaffelt je nach Höhe des Umsatzeinbruchs.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch gesagt: „Die Corona-Lage ist ernst, und die Unsicherheit in der Wirtschaft wächst. Daher müssen wir einem Fadenriss bei den Hilfen vorbeugen und die Hilfen verlängern.“ Altmaier nannte die Überbrückungshilfen, Kredite über die staatliche Förderbank KfW sowie das Kurzarbeitergeld nannte Altmaier einen zentralen und wirksamen Instrumentenmix, um Wirtschaft und Arbeitsplätze zu sichern.

Die Bundesländer hatten sich mit großer Mehrheit für eine Verlängerung der Überbrückungshilfe III Plus über das Jahresende hinaus ausgesprochen, wie der Vorsitzende der Wirtschaftsministerkonferenz, der NRW-Ressortchef Andreas Pinkwart (FDP), mitgeteilt hatte. Wirtschaftsverbände wie der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband und der Deutsche Tourismusverband hatten ebenfalls eine Verlängerung bis Ende März gefordert.

Vertreter der deutschen Wirtschaft haben die Verlängerung der Corona-Hilfen bis Ende März 2022 begrüßt. Mit den angekündigten Regelungen auch zur Kurzarbeit bewiesen Bund und Länder Verantwortungsbewusstsein und Handlungsfähigkeit in einer ernsten Lage, lobte etwa der Arbeitgeberverband BDA am Freitag. „Die geplanten Anpassungen sind gerade angesichts der aktuellen dynamischen Entwicklungen und der notwendigen Planungssicherheit für viele Unternehmen wesentlich.“ Der Industrieverband BDI mahnte eine Ausweitung der Hilfsmaßnahmen an, sobald sich Verbraucher pandemiebedingt wieder mit Käufen zurückhalten. Insgesamt zeigte sich der Verband über die Beschlüsse enttäuscht.

Der Zentralverband des Deutschen Handwerks mahnte, die Fortführung müsse für alle Unterstützungsinstrumente gelten, einschließlich der Sonderregelungen für Bürgschaftsbanken sowie der Möglichkeit von Steuerstundungen. Der Reiseverband DRV sprach von einer guten und richtigen Entscheidung. „Derzeit und auch absehbar ist die Krise für die Reisewirtschaft noch nicht vorbei“, sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. Die Verlängerung schaffe Planungssicherheit und sei ein wichtiges Signal für die Arbeitsplatzsicherung in der Branche mit ihren fast drei Millionen Beschäftigten.

Der BDI zeigte sich von den Beschlüssen zur Pandemie-Bekämpfung insgesamt enttäuscht und sprach von einer „vertanen Chance“. Zwar gebe es notwendige Maßnahmen gegen die vierte Welle, sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Sie blieben aber hinter den Erwartungen zurück. „Trotz aller angekündigten Kraftanstrengungen lösen diese Beschlüsse erneut nicht das Umsetzungsproblem des föderalen Flickenteppichs bei der Corona-Bekämpfung.“ Deutschland brauche einen bundeseinheitlichen Stufenplan mit klaren Maßnahmen und detaillierten Kriterien und Schwellenwerten für deren Anwendung.

Russwurm forderte die Bevölkerung dringend zu Impfungen auf, die oberste Bürgerpflicht seien. „Es darf nicht sein, dass eine kleine Gruppe von Impfverweigerern eine ganze Gesellschaft mit mehrheitlich Geimpften lähmt.“ Österreich zeige, dass in einer so dramatischen Lage auch eine Impfpflicht als letztes Mittel möglich sei. Zudem sei es unverständlich, dass es keine Impfpflicht für Beschäftigte in Schulen und Kitas geben solle. „Einmal mehr werden ungeimpfte Kinder, Jugendliche und deren Familien unnötigen Risiken durch eine Corona-Infektion und deren Langzeitfolgen ausgesetzt“, kritisierte der BDI-Präsident.

(felt/dpa)
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