Infektionsschutzgesetz und Bund-Länder-Gipfel Das sind die neuen Corona-Beschlüsse

Berlin · Nach einer hitzigen Debatte hat der Bundestag umstrittene Änderungen des Infektionsschutzgesetzes auf den Weg gebracht. Zudem tagten Bund und Länder, um neue Corona-Maßnahmen abzustimmen. Hier ein Überblick der wichtigsten Ergebnisse.

 Am Donnerstag befasste sich der Bundestag mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Am Donnerstag befasste sich der Bundestag mit der Änderung des Infektionsschutzgesetzes.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Das reformierte Infektionsschutzgesetz, das mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP am Donnerstag beschlossen wurde, soll Maßnahmen in der Corona-Pandemie auch nach Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite ab der kommenden Woche ermöglichen. Diese endet am 25. November automatisch. Zudem soll das Gesetz die in den meisten Ländern geltenden 2G-Regeln auf eine sichere Rechtsgrundlage stellen. Auch der Corona-Gipfel von Bund und Ländern befasste sich mit neuen Maßnahmen. Der Überblick:

Neue Regeln am Arbeitsplatz

Stimmt am Freitag der Bundesrat dem neuen Gesetz zu, dürfen künftig nur noch Genesene, Geimpfte oder täglich Getestete an ihren Arbeitsplatz kommen. Die Arbeitgeber erhalten ein Auskunftsrecht, dürfen also einen Impfnachweis, Genesenennachweis und den aktuellen Test verlangen. Kontrollieren Unternehmen das nicht, droht ihnen ein Bußgeld. Wenn sich Beschäftigte der 3G-Regel entziehen, muss der Arbeitgeber versuchen, ein Arbeiten ohne direkten Kontakt zu anderen Mitarbeitern zu ermöglichen. Ist das nicht möglich, droht den Betroffen Lohnverlust – und im Zweifelsfall sogar die Kündigung. Zudem soll laut Bundestagsbeschluss die zum 1. Juli aufgehobene Homeoffice-Pflicht wieder aktiviert werden: Wenn keine zwingenden Gründe entgegenstehen, müssen Arbeitgeber ihren Beschäftigten Arbeit im Homeoffice anbieten. Die Beschäftigten wiederum müssen das Angebot annehmen, wenn nichts dagegen spricht.

Unterwegs mit Bus und Bahn

In öffentlichen Verkehrsmitteln soll künftig bundesweit die 3G-Regel gelten, auch im Fernverkehr. Alle Fahrgäste, bis auf Schülerinnen und Schüler, müssen einen negativen Corona-Test vorlegen können, wenn sie nicht geimpft oder genesen sind. Die Regelung gilt auch für Inlandsflüge, ausgenommen sind hingegen Taxen.

Beschränkungen in der Freizeit

Eine wesentliche Änderung betrifft die künftig nur eingeschränkten Möglichkeiten, Gastronomiebetriebe und andere Einrichtungen des öffentlichen Lebens zu schließen. So können Restaurants und Bars offen bleiben, wenn sie ihre Sitzplätze unter Einhaltung der jeweiligen Hygieneregeln anbieten. Schließungen sind in der Regel nur dann möglich, wenn es zu eng wird, um die Auflagen einhalten zu können. Auch Geschäfte sollen offen bleiben. Allerdings gilt weiterhin die Maskenpflicht.

2G nahezu überall

2G wird flächendeckend Einzug halten. Das ist bereits absehbar, auch wenn das Infektionsschutzgesetz formell noch nicht alle Hürden genommen hat. Beim Besuch von Theatern, Kinos, Fitnessstudios oder Fußballstadien könnten Länder die 2G-Regel demnach vorschreiben – die meisten haben dies aber ohnehin bereits getan. In NRW soll das beispielsweise ab der kommenden Woche gelten. Das heißt, dass Ungeimpfte auch mit einem negativen Corona-Test nicht mehr an diesen Freizeitaktivitäten teilhaben können. Für Veranstaltungen kommt zudem „2G Plus“ infrage: Dann müssten Geimpfte und Genesene zusätzlich einen negativen Corona-Test vorlegen. Auch Kapazitätsbegrenzungen soll es geben können.

Bund und Länder beschlossen, dass es künftig flächendeckende 2G-Regeln geben soll, die an einen Schwellenwert der Krankenhauseinweisungen gebunden werden. So sollen etwa für Freizeiteinrichtungen, Veranstaltungen, gastronomische Einrichtungen und körpernahe Dienstleistungen sowie Hotels flächendeckende 2G-Regeln kommen, wenn die Hospitalisierungs-Inzidenz bei ihnen auf mehr als 3 steigt. Wenn die für das jeweilige Land ausgewiesene Hospitalisierungsrate den Schwellenwert 6 überschreitet, soll die sogenannte 2G-plus-Regel gelten. An Orten mir besonders hohem Infektionsrisiko – etwa Diskotheken, Clubs oder Bars – sollen Geimpfte und Genesene demnach zusätzlich einen aktuellen Corona-Test vorzeigen müssen. Ab einem Wert von 9 müssen alle Corona-Maßnahmen eingesetzt werden, die zur Verfügung stehen. Sofern der Schwellenwert an fünf Tagen in Folge unterschritten werde, könne von den vorstehenden Regelungen wieder abgesehen werden. Das Robert-Koch-Institut hat den bundesweiten Wert für Mittwoch mit 5,3 angegeben.

Besondere Länderklausel

Nach Auslaufen der epidemischen Lage von nationaler Tragweite sollen die Länder auch künftig mit schärferen Maßnahmen in Eigenregie handeln können – dann müssen dies aber die jeweiligen Landesparlamente beschließen. Zu den möglichen Maßnahmen gehören Personenbeschränkungen für Betriebe, Einrichtungen oder Veranstaltungen sowie Kontaktbeschränkungen im privaten und öffentlichen Raum.

Ausgangssperren oder das generelle Verbot für Veranstaltungen oder Versammlungen sollen aber ausgeschlossen sein. Das gilt etwa auch für Weihnachtsmärkte oder Gottesdienste. Im konkreten Fall kann es aber durchaus zu Absagen kommen.

Teil-Impfpflicht

Die Länder plädierten laut Nordrhein-Westfalens Hendrik Wüst einstimmig für eine einrichtungsbezogene Impfpflicht. Demnach soll in Einrichtungen, in denen besonders gefährdete Personen betreut werden, das Personal zur Corona-Impfung verpflichtet werden. Dazu zählen etwa Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen. Entscheiden muss darüber allerdings der Bundestag.

Alten- und Pflegeheime

Einigkeit besteht darüber, dass es für die Mitarbeiter in den Heimen eine Pflicht zu regelmäßigen Tests geben soll – bei Ungeimpften täglich. Noch nicht verständigt haben sich die Ampel-Parteien über eine Impfpflicht für die dortigen Beschäftigten. Dies ist nicht Bestandteil des jetzt beratenen Infektionsschutzgesetzes und soll in den kommenden Wochen geklärt werden. Die Ministerpräsidentenkonferenz war schneller: Die Länder fordern eine Impfpflicht „einrichtungsbezogen“ für Personal in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen und bei mobilen Pflegediensten, wenn Kontakt zu besonders gefährdeten Personen besteht. Auch Personal von Einrichtungen der Eingliederungshilfe soll unter die Impfpflicht fallen. Die Länder bitten den Bund, die Impfpflicht „schnellstmöglich umzusetzen“. Booster-Impfungen soll es künftig für alle Menschen ab 18 geben. Pflegekräfte sollen in der Corona-Epidemie erneut einen Pflegebonus erhalten.

Impfzentren und Kinderimpfungen

Kindern im Alter zwischen fünf und elf Jahren soll in der zweiten Dezemberhälfte „nach individueller Beratung und Risikoeinschätzung“ rasch eine Impfung angeboten werden. Das Bundesgesundheitsministerium erwartet nach eigenen Angaben bis dahin die Zulassung eines Impfstoffs für Kinder. Noch gibt es die in Deutschland nicht. Der Bund verspricht, die Impfzentren und andere über die Länder organisierte Impfmöglichkeiten weiterhin bis zum 31. Mai 2022 finanziell zu unterstützen.

Am 9. Dezember soll es eine weitere MPK geben, bei der die ergriffenen Maßnahmen überprüft und möglicherweise angepasst werden.

(jd/Agenturen)
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