Tarifrunde IG Metall verzichtet auf konkrete Tarifforderung

Frankfurt · Im Gegenzug für ihr Moratorium verlangt die Gewerkschaft Job- und Standortgarantien und will bei Investitionen und Produkten mitreden. Den Arbeitgebern hat sie eine Frist bis zum 3. Februar gesetzt. Die Signale aus dem Unternehmerlager sind vorsichtig optimistisch.

 Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall.

Jörg Hofmann, Vorsitzender der IG Metall.

Foto: dpa/Daniel Karmann

(maxi) Ein spitzbübisches Lächeln huscht über Jörg Hofmanns Gesicht, als der IG-Metall-Chef vor Journalisten in Frankfurt den radikalen Kursschwenk für die anstehende Tarifrunde erklärt: „Es ist ein bisschen ungewohnt, wir leben aber auch in ungewohnten Zeiten“, sagt Hofmann.

Üblicherweise laufen Tarifverhandlungen nach einem Muster ab: Erst erhebt die Gewerkschaft eine Maximalforderung, die von den Arbeitgebern empört zurückgewiesen wird. Nach einigem Zieren gibt es dann ein Gegenangebot. Es folgen zur Mitgliedergewinnung geeignete Warnstreiks, man verhandelt weiter und trifft sich am Ende in der Mitte.

Doch in diesem Jahr ist vieles anders. Die Industrie schlittert in die Rezession. Zugleich tun Digitalisierung und Mobilitätswende ein Übriges, um übliche Abläufe in der Metall- und Elektroindustrie zu erschüttern. Für die IG Metall haben sich die Prioritäten verschoben. Nach den satten Tarifabschlüssen der vorangegangenen Jahre rückt nun die Arbeitsplatzsicherung in den Fokus. Dafür verzichtet die Gewerkschaft darauf, ihre Tarifforderung  konkret zu beziffern. Stattdessen geht sie mit einem „Moratorium“ ins Rennen: Die Firmen sollen sich bereit erklären, „keine einseitigen Maßnahmen zum Personalabbau, zu Ausgliederungen, zur Verlagerung von Produkten und zur Schließung von Standorten zu ergreifen“. Im Gegenzug bietet die IG Metall an, noch vor dem Ablauf der Friedenspflicht über höhere Entgelte und ein Zukunftspaket zu verhandeln.

Dahinter verbergen sich ganz konkrete Vorstellungen: Die Löhne sollen mindestens in Höhe der Inflation – derzeit 1,5 Prozent – steigen. Auf Betriebsebene will die IG Metall aushandeln: Neben Standort- und Jobgarantien verlangt sie auch ein Mitspracherecht bei „Investitions- und Produktpersepektiven“. Unternehmen, die nicht voll ausgelastet sind, sollen dazu verpflichtet werden, die Stammbelegschaft ohne Entgeltabsenkung weniger arbeiten zu lassen. Das soll beispielsweise durch die Nutzung von Arbeitszeitkonten, Kurzarbeit und einer Arbeitszeitabsenkung bei Lohnausgleich gehen. IG Metaller sollen zudem deutlich mehr profitieren, indem sie in den Genuss eines Nachhaltigkeitsbonusses kommen. Dieser könne beispielsweise für ÖPNV-Tickets, das Aufladen von Elektrofahrzeugen oder das Leasing von E-Bikes genutzt werden. Die IG Metall setzte den Unternehmern zugleich die Pistole auf die Brust. Bis zum 3. Februar haben sie nun Zeit, diesem Prozess zuzustimmen, ansonsten will die Gewerkschaft kurzfristig zum alten Tarifverhandlungsschema zurückkehren. 

Aus dem Arbeitgeberlager gab es am Freitag jedoch bereits verhalten positive Rückmeldungen. „Wenn die IG Metall heute den üblichen tariflichen Pfad verlassen hat, birgt das nach den Erfahrungen aus den Jahren 2009/10 eine Chance für die Unternehmen und die Beschäftigten unserer Branche“, sagte der Präsident von Metall NRW, Arndt Kirchhoff.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort