Hans Jörg Schelling "Ein Schuldenschnitt bringt Griechenland nichts"

Welche kurzfristige Lösung für Griechenland können Sie sich vorstellen?

Welche kurzfristige Lösung für Griechenland können Sie sich vorstellen?

Schelling Der Ball liegt bei Griechenland. Das Programm läuft noch bis Ende Februar und für die Geldgeber ist immer klar gewesen, dass die Vorgaben der Programme abzuarbeiten sind. Die griechische Regierung muss sich zu den Kernreformen dieses Programmes auch bekennen. Griechenland kann dann auf die Dialogbereitschaft und Hilfsbereitschaft der Eurozone setzen.

Welche Auflagen muss Athen jetzt unbedingt akzeptieren?

Schelling Es gibt die getroffenen Vereinbarungen und einen Rahmen, in dem wir uns bewegen. Ich halte nichts davon, dass die Spielregeln nach jedem Wahlergebnis geändert und Pakete komplett aufgeschnürt werden. Das Zurücknehmen von bereits beschlossenen Maßnahmen, wie das Aussetzen der Privatisierungen und somit der Verzicht auf wichtige Einnahmen, ist in dieser Hinsicht wenig vertrauensbildend und muss von der neuen griechischen Regierung beendet werden. Der eingeschlagene Spar- und Reformkurs darf nicht aus den Augen verloren werden.

Unter welcher Bedingung würden Sie einer Übergangslösung zustimmen?

Schelling Grundsätzlich stehen wir einer weiteren Zusammenarbeit unter der Voraussetzung strikter Konditionalität positiv gegenüber, wenn die neue Regierung ihren Willen zur Umsetzung der vereinbarten Maßnahmen glaubwürdig unterstreicht. Eine Übergangslösung könnte so aussehen, dass den Griechen mehr Zeit eingeräumt wird, die getroffenen Vereinbarungen des Programmes zu erfüllen. Für uns ist wichtig, dass der Reformkurs bleibt und gemeinsam gesetzte Ziele weiter erreicht werden. Der griechische Finanzminister wird auch Vorstellungen und Anliegen vortragen, die man sich genau anhören wird.

Welches langfristige Konzept braucht Griechenland danach?

Schelling Das langfristige Konzept liegt auf dem Tisch und wird seit 2009 abgearbeitet. Die Hilfsprogramme und griechischen Sparmaßnahmen waren notwendig und sind wohlüberlegt. Das primäre Ziel war dabei, in Griechenland exportgetriebenes, nachhaltiges Wachstum zu generieren. Auf Basis dieses Konzepts muss Griechenland auch in den nächsten Jahren seine Reformbemühungen fortsetzen und darf nicht wieder auf den Weg der konsumgetriebenen Wirtschaftspolitik zurückschwenken.

Wie steht Österreich zu einem weiteren Schuldenschnitt?

Schelling Ein Schuldenschnitt ist für mich keine Option und würde nur weitere Begehrlichkeiten anderer Länder auslösen. Zudem bringt auch aus ökonomischer Sicht ein Schuldenschnitt den Griechen gar nichts, da die meisten Verbindlichkeiten gegenüber den Euroländern bis nach 2020 gestundet sind und sie derzeit ohnehin sehr niedrige bis keine Zinsen zahlen.

B. MARSCHALL FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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