Düsseldorf Die Schweiz ist Vorreiter beim Kampf gegen Bahnlärm

Düsseldorf · Moderne Personenzüge fahren nahezu lautlos durch die Landschaft, Güterzüge lärmen hingegen heftig. Der Grund: Fast alle Güterwagen sind noch mit altertümlichen Bremsen ausgerüstet, die durch ihre grobe Machart die Oberfläche der Räder ruinieren. Das Gepolter dieser "verriffelten" Räder raubt den Anliegern von Güterzug-Strecken die Ruhe. Die Umrüstung der Waggons auf moderne "Flüsterbremsen" senkt den Lärmpegel deutlich hörbar um bis zu zehn Dezibel.

Die Deutsche Bahn schätzt, dass sich für 300 Millionen Euro fast alle 180 000 Güterwagen in deutschem Eigentum mit Flüsterbremsen ausstatten lassen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) will den Bahnlärm bis 2020 um die Hälfte reduzieren und fördert deshalb in den kommenden acht Jahren diese Umrüstung mit insgesamt 150 Millionen Euro. Noch einmal dieselbe Summe will die Bahn demnächst durch höhere Gebühren für laute Güterzüge erwirtschaften.

Dies alles dauert der Schweiz zu lange. Als zentrales Transitland für den Frachtverkehr zwischen den Nordseehäfen und Italien macht die Eidgenossenschaft Druck, um ihre Bürger – und damit sämtliche Anlieger dieser Linie – vor dem wachsenden Lärm besser zu schützen. Peter Füglistaler, Chef des schweizerischen Bundesamtes für Verkehr und als solcher quasi Eisenbahnminister, erwartet, dass in acht Jahren 65 000 Güterzüge das Alpenland auf der Nord-Süd-Route durchqueren werden – bis zu 35 Prozent mehr als derzeit.

Füglistaler betonte gegenüber unserer Zeitung, dass seine Landsleute dies nur akzeptierten, wenn gleichzeitig der Lärmschutz verbessert werde. Sämtliche Güterwagen der staatseigenen Bahn seien bereits auf leise Bremsen umgerüstet worden, zudem gebe es seit mehr als zehn Jahren einen Rabatt bei der Schienen-Nutzungsgebühr für lärmarme Waggons. Weil aber ein oder zwei Waggons alter Bauart in einem Zug alle Bemühungen um Geräuschdämmung zunichtemachen, wollen die Eidgenossen von 2020 an den Transit "lärmiger Güterwagen" schlicht verbieten.

In Fachkreisen heißt es, wenn dieser Alleingang der Schweiz der Flüsterbremse nicht europaweit zum Durchbruch verhilft (insgesamt sind etwa 700 000 Waggons umzurüsten), wird langfristig nur ein flächendeckendes Verbot für die alten Bremsen aus Grauguss helfen.

Füglistaler setzt auch bei einem anderen Thema auf die Zugkraft des eidgenössischen Vorbilds: beim Ausbau der deutschen Streckenteile der Nordsee-Italien-Route, etwa der Betuwe-Linie Emmerich-Oberhausen. Deren zügiger Ausbau, sagt er, "ist für den wirtschaftlichen Betrieb des künftigen Gotthard-Basistunnels sehr wichtig". Nach einer Phase der Stagnation seien jetzt "erfreulicherweise deutliche Fortschritte zu beobachten".

(RP)
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