DFB-Teams als Wirtschatfsunternehmen So macht das Nationalteam Kasse

Recife · Die deutsche Mannschaft ist längst mehr als nur ein sportliches Team. Sie ist ein eigenständiges Wirtschaftsunternehmen, perfekt organisiert und vermarktet. Der Vater dieses Erfolgs ist Oliver Bierhoff.

Deutsche K.o.-Spiele in der Gruppenphase
Infos

Deutsche K.o.-Spiele in der Gruppenphase

Infos
Foto: ap

Die Zukunft der Fußball-Nationalmannschaft beginnt 1987 in der Essener Ruhrtalkaserne. In der Sportfördergruppe der Bundeswehr begegnen sich zwei Rekruten, Oliver Bierhoff (19) und Denni Strich (20). Sie spielen ganz passabel Fußball und gewinnen mit der Bundeswehr-Auswahl die Militär-Vizeweltmeisterschaft. Strich spielt später als Profi für Union Solingen, Rot-Weiß Oberhausen und den FC Homburg. Bierhoff wird Europameister 1996 und Torschützenkönig in Italiens Serie A.

Beim Deutschen Fußball-Bund treffen sich die beiden wieder. Strich ist inzwischen Marketingdirektor (seit 2002) und für Bierhoff wird 2004 das Amt des Managers der Nationalmannschaft eingerichtet. Das wird zum Startschuss für eine Vermarktungsoffensive der Nationalmannschaft, wie es sie nie zuvor gegeben hat. Inzwischen holt die DFB-Auswahl dem Verband pro Jahr 100 Millionen Euro herein. "Das sind 70 Prozent des Gesamtumsatzes, und wir geben nur 25 Prozent aus, der Rest geht an die Basis", erklärt Bierhoff stolz.

Vor dem letzten WM-Gruppenspiel heute in Recife gegen die USA (18 Uhr MESZ/ZDF) darf er eine neue frohe Botschaft für den Geschäftsbericht verkünden. Ausrüster Adidas hat dieses Jahr zwei Millionen Trikots der Mannschaft verkauft. "Das ist eine Steigerung um 30 Prozent im Vergleich zum bisherigen Rekordjahr 2006", sagt Bierhoff mit leuchtenden Augen. Das sei ein Beleg für die "unheimliche Beliebtheit unserer Mannschaft und für die tolle Unterstützung, die wir ja auch hier in jedem Spiel erfahren". Und wenn er ins Ausland schaut, dann werden die Augen noch strahlender. Der Ausrüster setzte außerhalb von Europa eine halbe Million deutscher Fußball-Hemden ab. "Das zeigt, dass die Mannschaft auch im Ausland immer beliebter wird, durch ihren attraktiven Fußball und das sympathische Auftreten", urteilt der Manager.

Man könnte auch sagen: durch das segensreiche Wirken der Herren Bierhoff und Strich. Bierhoff hat die Mannschaft zu einer selbstständigen Einheit im Verband gemacht. Das gefiel vielen Funktionären ebenso wenig wie die Tatsache, dass er sich gemeinsam mit Trainer Joachim Löw eigene Vermarktungsverträge aushandelte. Und vor vier Jahren standen die Vertragsverlängerungen der beiden beim DFB vor dem Scheitern, weil durch gezielte Indiskretionen aus dem Verband Einzelheiten an die Öffentlichkeit gelangt waren.

Bierhoff und Löw blieben, weil in Südafrika der sportliche Erfolg im WM-Turnier schwerer als die Bedenken der Traditionalisten im Verband wog, die sahen, wie ihnen die Nationalmannschaft entglitt. Die Entwicklung des eigenständigen Produkts DFB-Elf konnten sie nicht aufhalten.

Die Wirtschaftsmaschine Nationalelf läuft auf vollen Touren, weil "die Nationalmannschaft das höchste sportliche Gut in Deutschland ist", wie der frühere Vorstand der Sponsoringberatung "Repucom", Hartmut Zastrow, mal trefflich festgestellt hat. Die Sponsoren stehen bei Bierhoff und Strich Schlange. Und die Großen stehen unter Vertrag - Mercedes als Generalsponsor, Bitburger, Coca-Cola, Commerzbank, Deutsche Post, Sony, Deutsche Telekom als Premiumpartner, Allianz, Lufthansa, McDonald's, Nivea und Rewe als Partner.

Sie profitieren von den Sympathiewerten der Mannschaft, die ihnen ihrerseits für Werbefilmchen, Fotoserien und andere Dienstleistungen zur Verfügung steht. Immer freundlich beäugt und eingefädelt von Bierhoff, dem smarten Manager. Dass nicht jede Aktion sehr gelungen ausfällt, zeigte das Trainingslager in Südtirol. Bei einem offenkundig ziemlich fahrlässig inszenierten Werbe-Dreh mit Mercedes-Rennsportlern gab es einen schweren Unfall. Ein Mann musste mit Kopfverletzungen in die Klinik geflogen werden. Und Bierhoff gab eine denkbar schlechte Figur ab. Bei solchen Aktivitäten bestehe "immer ein Restrisiko, auch Radfahren in den Bergen ist gefährlich", sagte er. Eine ziemlich unpassende Bemerkung für einen, der im öffentlichen Auftritt sonst jede Unebenheit clever vermeidet.

Das Ende gemeinsamer Aktionen mit den großen Partnern bedeutet der Unfall natürlich nicht, das Unternehmen DFB-Elf behält weiterhin volle Fahrt.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort