Negativrekord zum Saisonstart VfL Bochum trennt sich von Trainer Reis

Lange Zeit galt er als Erfolgsgarant. Doch nach sechs Spielen ohne Punktgewinn gehen Trainer Thomas Reis und der VfL Bochum getrennte Wege. Ein neuer Coach soll verhindern, dass der Revierclub sich nach zwei Jahren wieder aus der Bundesliga verabschiedet.

Thomas Reis.

Thomas Reis.

Foto: dpa/Uwe Anspach

Die einstige Musterehe zwischen dem VfL Bochum und Thomas Reis ist geschieden. Nach einem historischen Fehlstart in die Saison war selbst der Bonus des Fußball-Lehrers als Aufstiegsheld aufgebraucht. Aus Sorge um den bedenklichen Zustand des Teams, das beim 1:3 im Kellerduell mit dem FC Schalke 04 am vergangenen Samstag die sechste Niederlage in Serie hinnehmen musste, zog die Vereinsführung am Montag einen Schlussstrich. Damit verlor Reis als bereits zweiter Bundesliga-Trainer nach Domenico Tedesco in Leipzig zu einem frühen Saisonzeitpunkt seinen Job.

„Wir müssen dringend Lösungen finden, die sportlich sehr schwierige Situation zu verbessern und zugleich Themen, die darauf negativen Einfluss haben, auszublenden“, kommentierte der neue Sportchef Patrick Fabian die Trennung. „Wir haben die Überzeugung, dass es in anderer Konstellation wahrscheinlicher ist, dem Klassenerhalt näher zu kommen.“

Zunächst übernimmt der bisherige Trainer der Bochumer A-Jugend, Heiko Butscher. Der neue Interimscoach und Ex-Profi des VfL dürfte auch am Sonntag gegen den 1. FC Köln auf der Bank sitzen. Fabian schloss jedoch aus, dass Butscher im Erfolgsfall zur Dauerlösung werden könnte: „Mit ihm ist ganz klar besprochen, dass er bis auf Weiteres hilft und er zurück zur U19 geht.“

Für den neuen Coach, der „möglichst schnell“ die Arbeit aufnehmen soll, hat Fabian bereits ein Anforderungsprofil erstellt: „Es sollte tendenziell nicht der klassische Feuerwehrmann und tendenziell keiner sein, der komplett unerfahren ist, weil die Aufgabe sehr anspruchsvoll ist. Er soll den Glauben vermitteln, dass hier noch was geht und wir die Klasse halten können.“

Das Aus für den ehemaligen VfL-Profi Reis (1995 bis 2003) nach langen Gesprächen der Clubbosse sorgt beim Revierclub für ein Beben. Schließlich genoss der im September 2019 verpflichtete Chefcoach bei den Fans einen hohen Stellenwert. „Dass uns diese Entscheidung nicht leichtfällt, dürfte allen klar sein. Thomas Reis hat eine Verbindung zu Verein und Stadt, die über die erfolgreichen vergangenen drei Jahre hinausreicht“, sagte Fabian.

Die Rückkehr in die Bundesliga vor zwei Jahren und die starke vergangene Saison als Aufsteiger waren eng mit dem Namen des 48 Jahre alten Fußball-Lehrers verbunden, der den VfL als Tabellen-17. der 2. Fußball-Bundesliga übernommen hatte. Für erste kritische Kommentare von Anhängern im Internet äußerte Fabian Verständnis, warb aber um Einsicht: „Dass die Fans emotional reagieren, ist verständlich. Das müssen wir hinnehmen. Aber wir stehen am Tabellenende und haben bereits einen Rückstand von vier Punkten auf den nächsten Platz.“

Dass der VfL als erst dritter Bundesliga-Club nach Düsseldorf (1991/92) und Mainz (2020/21) in den ersten sechs Spielen ohne Punkt blieb und mit 4:18-Toren zudem für eine historische Negativmarke sorgte, nahm Reis nahezu alle Argumente. Zudem trugen Medienberichte, wonach der einstige Profi im Sommer mit einem Wechsel zum FC Schalke geliebäugelt haben soll, zu weiteren Spannungen zwischen Clubspitze und Trainer bei. Die auf die Zeit der WM-Pause verlegten Verhandlungen über eine Verlängerung des bis 2023 laufenden Vertrages wurden als Indiz für schwindendes Vertrauen gewertet.

Der nun freigstellte Trainer hatte schon vor dem Saisonstart darauf hingewiesen, wie schwierig das zweite Jahr nach dem Aufstieg werden würde. Der finanziell eingeschränkte VfL investierte die geringste Summe aller 18 Erstligisten in Transfers. Die Abgänge mehrerer Leistungsträger konnte das Team bislang nicht auffangen.

Reis selbst hatte sich am Tag vor seiner Freistellung noch kämpferisch gegeben. „Ich kann nur sagen, dass ich weiterhin Bock habe, den Bock umzustoßen. Ich habe viel erreicht in Bochum, das ist für mich noch nicht das Ende der Fahnenstange. Man kann es auch mit mir machen.“ Das sahen die VfL-Verantwortlichen indes anders.

(dpa)
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