Die 19 Mannschaften der Regionalliga Nord im Porträt Kurze Reise durch die neu Liga

Leipzig (dpa/lnw). Nachfolgend stellt die Deutsche Presse- Agentur (dpa) die 19 Vereine der Fußball-Regionalliga Nord in Kurzporträts vor:

FC Erzgebirge Aue: Als SC Wismut Karl-Marx-Stadt waren die "Veilchen", wie der Verein wegen seiner violetten Spielkleidung genannt wird, drei Mal DDR-Meister (1956, 1957, 1959) und ein Mal Pokalsieger (1955). Ab 1963 spielte der Verein bis 1992 unter dem Namen Wismut Aue, ehe der Club nach dem Zusammenbrechen des Bergbaus den Namen FC Erzgebirge annahm. Bekannte DDR-Nationalspieler wie Dieter Erler, Bringfried Müller, Siegfried und Karl Wolf, Willy Tröger und Jörg Weißflog trugen das Trikot der "Veilchen". Die Heimstätte ist das 20 000 Zuschauer fassende Erzgebirgsstadion.

SV Babelsberg 03: Aus dem SV Motor Babelsberg entstand am 10. Dezember 1991 der Verein SV Babelsberg 03. Seitdem haben die Potsdamer einen steilen Aufstieg hinter sich. 1992 ging es in die Verbandsliga, 1995 in die Oberliga, ein Jahr später in die Regionalliga. Die Mannschaft um Trainer Hermann Andreev landete in der vergangenen Spielzeit auf dem fünften Rang in der Nordost- Regionalliga. Der SVB machte auch im DFB-Pokal auf sich aufmerksam, als er Erstligist Unterhaching durch einen 1:0-Sieg ausschaltete.

Tennis Borussia Berlin: Der 1902 gegründete Traditionsverein aus dem noblen Berliner Stadtteil Charlottenburg stand stets im Schatten des Nachbarn Hertha BSC - sowohl bezüglich der Publikumsresonanz als auch in puncto sportlicher Erfolge. Zwei Gastspiele in der Bundesliga (1974/75 und 1976/77) waren jeweils schon nach einer Saison wieder beendet. Zuletzt wollte TeBe mit aller Macht und potenten Geldgebern zu Hertha aufschließen. Doch in der Ära des Schlagerproduzenten Jack White stiegen die "Veilchen" nach nur einem Jahr aus der 2. Liga ab. Das jüngste Gastspiel in der zweithöchsten Spielklasse endete trotz immenser Investitionen durch den Hauptsponsor Göttinger Gruppe desaströs. Die Berliner verpassten den angepeilten Aufstieg um Längen. Der Sturz in die Regionalliga ereilte TeBe dann durch die Lizenzverweigerung durch den DFB, der im eingereichten Etat eine Unterdeckung in zweistelliger Millionenhöhe monierte.

1. FC Union Berlin: Zu DDR-Zeiten zählte der 1966 neu gegründete Verein (sein historischer Vorgänger ist der 1906 entstandene SC Union 06) hinter den Top-Clubs des Landes nur zur zweiten Garnitur und kam über gelegentliche Achtungserfolge (1968 Pokalsieger) nicht hinaus. Nach der Wende versuchte Union mit Macht den Aufstieg in die 2. Liga. 1993 gelang den Hauptstädtern der Sprung in Liga zwei, doch der DFB erkannte wegen einer gefälschten Bankbürgschaft die schon erteilte Lizenz wieder ab. Zwei weitere Male (1994 und 1996) scheiterten die Berliner im Lizenzierungsverfahren. 1998 sanierte der Filmrechtehändler Michael Kölmel den vor dem Konkurs stehenden Club. Nachdem Union 1999 als Regionalliga-Sechster den Aufstieg weit verfehlte, scheiterte man zuletzt als souveräner Nordost-Meister erst in der Relegation am VfL Osnabrück und später auch an LR Ahlen.

Eintracht Braunschweig: Zu den größten Traditionsmannschaften der Nord-Staffel gehört zweifellos Eintracht Braunschweig. Der Meister aus dem Jahr 1967 bestritt 672 Spiele im Oberhaus und kämpft seit mehreren Jahren um den Aufstieg in die 2. Liga. Eintracht Braunschweig wird von einem prominenten Politiker geführt. Gerhard Glogowski, ehemaliger Ministerpräsident von Niedersachsen, steht seit wenigen Wochen als Präsident an der Spitze des Vereins. Die Gelb- Blauen sind zurzeit schuldenfrei dank der finanziellen Unterstützung des Hauptsponsors Kinowelt.

Werder Bremen Amateure: Das Team von Coach Frank Neubarth ist wenige Wochen vor dem Saisonstart schon gut in Schuss. "Ausdauer und Physis sind vorhanden", sagt Neubarth in Bezug auf die konditionelle Verfassung seines Kaders. Sechs Siege in den Testspielen hat die junge Mannschaft vorzuweisen. Der Werder-Nachwuchs geht mit einer U21-Mannschaft in die Saison. Das Durchschnittsalter liegt bei 21 Jahren. "Oldie" Uwe Harttgen hebt allerdings den Schnitt mit seinen 36 Lenzen. Die Spieler um den ehemaligen "Mister Europacup" Neubarth möchten nicht nur eine gute Platzierung erreichen, sondern sich ebenso für einen Platz in der ersten Mannschaft des SV Werder Bremen empfehlen.

Borussia Dortmund Amateure: Schon in der letzten Saison hatte der zweiten Mannschaft des BVB kaum jemand den Klassenerhalt zugetraut, doch die Dortmunder Amateure sicherten sich mit einer sattelfesten Abwehr die Liga: Gleich 18 Mal spielte die Boekamp-Elf zu Null, nur zwölf Gegentore kassierte die Borussia in der Rückrunde. Das Problem: Im Sturm fehlt die Durchschlagskraft. Weder Frank Riethmann, Francis Bugri, Ibrahim Tanko noch Bashiru Gambo, der derzeit an einer =schwachen Form von Malaria erkrankt ist, sind klassische Torjäger. Finden die BVB-Amateure nicht schleunigst einen "Knipser", sieht selbst Trainer Boekamp nur geringe Chancen auf den Klassenerhalt.

Dresdner SC: Die glorreiche Zeit des DSC liegt lange zurück. 1943 und 1944 wurden die Elbestädter Deutscher Meister, 1940 und 1941 holten sie den Pokal. Doch ein Jahr nach dem letzten Titel kam für den Club das Aus. Der Verein wurde verboten und 1990 neu gegründet. Acht Jahre später trennte sich die Abteilung Fußball vom Großverein DSC und gab sich den Namen Dresdner SC Fußball 98. Von der Bezirksliga (1992) marschierte der DSC bis in die Regionalliga (1998) durch und hat als Nummer eins in der sächsischen Landeshauptstadt inzwischen sogar den in die Oberliga abgestiegenen 1. FC Dynamo abgelöst. Mit Nikica Maglica, Rene Beuchel, Thomas Hoßmang und Sven Ratke stehen Trainer Matthias Schulze vier bundesliga-erfahrene Spieler zur Verfügung. Die großen Stars vergangener Jahre sind der frühere Bundestrainer Helmut Schön (16 Länderspiele, Weltmeister- Trainer 1974) und Richard Hofmann (25 Länderspiele).

Fortuna Düsseldorf: Nicht die Mannschaft ist der Star, sondern ganz allein der Trainer. Seit Aleksandar Ristic zum insgesamt dritten Mal das Zepter beim ehemaligen Endspielteilnehmer des Europapokals der Pokalsieger (1979) schwingt, tanzt nicht nur alles nach seiner Pfeife, sondern sind auch die Erwartungen riesengroß. Die Regionalliga soll für "König Aleks" nur eine Durchgangsstation auf dem Weg zurück in die Bundesliga sein. Dafür hat das bosnische Trainer-Schlitzohr nicht nur einige ablösefreie Balkan-Spieler verpflichtet, sondern mit Marcus Marin vom FC St. Pauli auch einen erfahrenen Stürmer. Vermarktungs-Partner Kinowelt sichert einen Großteil des (leicht reduzierten) Etats ab. Bis zum Saisonende sollen noch drei neue Partner vorgestellt werden, die eine halbe Million Mark zusätzlich in die Kasse bringen.

Rot-Weiß Essen: Der Deutsche Meister von 1955 und Pokalsieger von 1953 steht zwei Jahre nach dem Abstieg in die Oberliga wieder auf gesunden Füßen. Nicht zuletzt dank des Engagements der Kinowelt. Die Verantwortlichen haben einen radikalen Schnitt gemacht. Nur acht Spieler aus dem alten Kader sind übrig geblieben. Trainer Klaus Berge hat jedoch mit dem Holländer Maurice Rayer, dem bosnischen Stürmer Dzemo Smejcanin, Torwart Wolfgang Wiesner, Helmut Rahner und Andreas Winkler fünf erfahrene Profis an Land gezogen. Außerdem ist mit dem ungarischen U21-Nationalspieler Szollar (von Schalke ausgeliehen) ein großes Talent an die Hafenstraße gekommen. Star der Mannschaft ist der ehemalige Schalker Sascha Wolf (zuletzt 16 Saisontreffer). Ungebrochen groß ist die Unterstützung durch die Fans. Zuletzt kamen im Schnitt fast 7 000 Zuschauer.

Fortuna Köln: Nach 26 Jahren in der 2. Liga muss der Kölner Südstadt-Club wohl auch in der Regionalliga zunächst einmal um den Klassenerhalt kämpfen. Aus dem alten Profi-Kader blieb nur "Urgestein" Hansjörg Schneider übrig, der seit zehn Jahren bei der Fortuna spielt. Der neue Trainer Peter Vollmann (zuletzt KFC Uerdingen 05) holte 14 Neuzugänge. Abzuwarten bleibt, wie viel Geduld der allmächtige Fortuna-Präsident "Jean" Löring aufbringt.

FC Sachsen Leipzig: Immer stand der FC Sachsen Leipzig im Schatten des großen Lokalrivalen VfB Leipzig. Selbst als der Club unter dem Namen Chemie Leipzig 1964 überraschend den DDR-Titel holte und zwei Jahre später auch Pokalsieger wurde, spielten die Leutzscher in der Messestadt die zweite Geige. Talente und gute Spieler waren für den 1. FC Lok bestimmt. Seit der Neugründung am 1. August 1990 als FC Sachsen machten die Grün-Weißen Boden gut und überholten in der vergangenen Saison den in die Oberliga abgestiegenen Ex- Bundesligisten VfB. Das aktuelle Team wird trainiert vom erst 30- jährigen Volkan Uluc, der damit der jüngste Regionalliga-Coach ist.

VfB Lübeck: Der VfB Lübeck klopfte 1969 an das Tor zur Bundesliga, fiel in der Aufstiegsrunde aber durch. Nach einer langen Durststrecke stiegen die Hanseaten erst 1993 wieder aus der Versenkung auf, als nach zehn Jahren Verbandsliga Schleswig-Holstein im sechsten Versuch der Aufstieg in die 3. Liga gelang. Zwei Jahre später wurden die Verantwortlichen vom unerwarteten Aufstieg in die 2. Bundesliga unter Trainer Michael Lorkowski überrascht. Der VfB reagierte und baute die Lohmühle mit einer neuen Haupttribüne zu einem Schmuckkästchen um. Mit Lorkowski behauptete sich der VfB im ersten Jahr, stieg in der zweiten Saison unter Bundesliga-Rekordspieler Karl-Heinz Körbel aber wieder ab. In eineinhalb Jahren kamen und gingen sechs Trainer, ehe 1998 mit Uwe Erkenbrecher der Neuaufbau begonnen wurde, der 1999 und 2000 jeweils zur Vize-Meisterschaft in der Regionalliga Nord führte.

Lüneburger SK: Der LSK startet in das Unternehmen reformierte dritte Liga mit bescheidenen Mitteln und einem klaren Blick für die Realität. "Die neue Regionalliga ist eine echte Profi-Liga. Wir sind wahrscheinlich die einzige Mannschaft, deren Spieler noch arbeiten und für die Auswärtstreffen noch Urlaub nehmen müssen", sagt Trainer Harry Pleß. Der Lüneburger SK trifft erstmals in seiner Vereinsgeschichte auf Gegner aus dem nicht-norddeutschen Raum. Bekanntester Akteur ist Ex-Profi Ralf Sievers. 232 Bundesliga-Spiele für Eintracht Frankfurt und den FC St. Pauli absolvierte der 38- jährige Routinier. Mit der Qualifikation für die neue Regionalliga verschob Sievers das Karriere-Ende zum fünften Mal.

Preußen Münster: Münsters Ex-Torjäger Stefan Grädler will sich mit einem runderneuerten Kader zumindest im gesicherten Mittelfeld etablieren. 13 Spieler verließen den Verein. Mit dem von Borussia Dortmund für 400 000 Mark verpflichteten Junioren-Nationalspieler Christoph Metzelder, Libero Jürgen Serr und Torjäger Carsten Gockel hätte Grädler gern weiter gearbeitet. Der Trainer, der zunächst als Übergangslösung im November 1999 das Amt des zu Rot-Weiß Essen abgewanderten Klaus Berge übernommen hatte, konnte das Ruder in der letzten Saison gerade noch herumreißen und wurde als Belohnung mit einem Zweijahresvertrag ausgestattet. Mittelfristig planen die Münsteraner die Rückkehr in den bezahlten Fußball.

KFC Uerdingen 05: Nicht mehr viel erinnert in der Krefelder Grotenburg an die glanzvollen Europapokal-Zeiten Ende der 80-er Jahre und an den DFB-Pokalsieg 1985 gegen Bayern München, als der Verein noch Bayer 05 hieß. Doch dank des starken finanziellen Engagements von Präsident Hermann Tecklenburg wurde der totale Absturz nach dem Abstieg 1999 aus der 2. Liga in letzter Sekunde verhindert. An eine Rückkehr in den bezahlten Fußball denkt beim KFC vorerst niemand. Vielmehr muss der neue Trainer Jos Luhukay, holländischer Ex-Profi, mit bescheidenen Mitteln den Klassenerhalt erreichen. Bitter: Torwart-Talent Christian Vander (19 Jahre) zog es zum Bundesliga- Aufsteiger VfL Bochum.

SC Verl: Der "Held von Verl", Ex-Trainer Dieter Brei, sorgte in der letzten Saison für das Fußball-Wunder von Ostwestfalen. 25 Punkte aus den letzten elf Spielen machten den nicht mehr für möglich gehaltenen Klassenerhalt perfekt. Das mühsam Erreichte soll nun unter dem Sportlichen Leiter Dieter Brei - dieses Amt hatte der Ex- Düsseldorfer auch schon vor seinem erfolgreichen Intermezzo auf der Trainerbank inne - nicht leichtsinnig verspielt werden. Als neuer Trainer kam Ex-Profi Dieter Hecking von Eintracht Braunschweig. Aus der Stammelf verließ nur das Abwehr-Talent Arne Friedrich (für 300 000 Mark zu Arminia Bielefeld) den Verein. Das Stadion an der Poststraße ist klein, aber fein. In dem "Schmuckkästchen" fehlt jedoch noch die vom DFB geforderte Flutlicht-Anlage.

SG Wattenscheid 09: Zu einer echten Talentschmiede hat sich der ehemalige Bundesligist entwickelt. Mit Torschützenkönig Marius Ebbers (23 Saisontreffer) und Abdul Iyodo (11 Tore) stehen beispielsweise zwei heiß begehrte Sturm-Talente an der Lohrheide unter Vertrag. Zudem bescherte der Mannschaft von Trainer Hannes Bongartz (298 Bundesligaspiele für Schalke und Kaiserslautern) eine Kooperation mit dem Erstligisten FC Schalke 04 zwei weitere Verstärkungen: Andreas Przybilla und Thomas Kläsener (aus dem Oberliga-Team). Im Gegenzug haben die "Knappen" die Möglichkeit, sich die Option auf Wattenscheider Talente zu sichern. Schmerzlich vermissen wird Bongartz Leistungsträger wie Libero Mirko Stark (zum MSV Duisburg) und Sergej Dikhtiar (1. FC Saarbrücken).

SV Wilhelmshaven 92: Die finanzielle Situation ist prekär. Rund 1,5 Millionen Mark Schulden drücken den Verein. Die Spieler warten noch auf ihre Jahresprämie und auf zwei Monatsgehälter. Vier ehemalige Akteure haben Klagen eingereicht. Bereits zu Jahresanfang hinkte der Verein um mehrere Monate mit den Zahlungen hinterher. Der DFB erteilte die Lizenz dennoch fast ohne Auflagen. Wenige Tage vor dem Saisonstart schlagen die Wellen doch wieder hoch. Eine Fußball- Fusion zwischen dem SV Wilhelmshaven 92 und dem TSR Olympia Wilhelmshaven zeichnet sich ab. In einer Abteilungsversammlung stimmten die Mitglieder des Regionalligisten dem Zusammenschluss zu. Die TSR-Abteilung soll am Montag entscheiden. Sollte die Fusion abgelehnt werden, droht dem Drittligaclub ein Insolvenzverfahren.

(RPO Archiv)
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