Für Joan Gaspart könnte ein Traum wahr werden Der "Verrückte mit dem Fan-Schal" will neuer Barca-Präsident werden

Barcelona (dpa). Niemand jubelt bei Siegen des FC Barcelona so schön und ausgelassen wie Joan Gaspart (Foto). Bei Niederlagen gibt er gern dem Schiedsrichter die Schuld oder sucht Trost darin, dass der Erzrivale Real Madrid noch übler dran ist.

Der 55-Jährige hat sich, wie es scheint, mit Leib und Seele dem FC Barcelona verschrieben. 22 Jahre diente er dem Club als Vize- Präsident. An diesem Sonntag (23. Juli) könnte sein Lebenstraum wahr und Gaspart zum neuen Präsidenten des größten Fußballvereins der Welt gewählt werden.

Die Vorstandswahl findet genau eine Woche nach dem Machtwechsel beim Konkurrenten Real statt. Sie war erforderlich geworden, nachdem Josep Lluis Nunez nach 22-jähriger Amtszeit entnervt das Handtuch geworfen hatte. Gaspart geht als Favorit ins Rennen. Dabei ist der „ewige Vize“ ein Mann voller Widersprüche. Auf der einen Seite präsentiert er sich als heißsporniger „Barca“-Anhänger - man nennt ihn auch den „Verrückten mit dem Fan-Schal“. Auf der anderen Seite ist er ein zutiefst religiöser Mensch, ein hart kalkulierender Geschäftsmann und der Chef einer großen Hotelkette.

Bei „Barca“ war Gaspart bisher der „Mann fürs Grobe“. Er führte die schwierigen Ablöse- und Vertragsverhandlungen und heizte mit bitterbösen Sprüchen die alte Rivalität mit Real an. Einmal provozierte er die „Königlichen“ mit der Bemerkung: „Die einzige wohlerzogene Person auf der Ehrentribüne von Real ist die Toilettenfrau.“ Die Madrider erklärten ihn prompt zur „unerwünschten Person“ im Bernabeu-Stadion. Im Falle eines Wahlsiegs will Gaspart den Niederländer Marc Overmars, den Franzosen Emmanuel Petit (beide Arsenal London) und den spanischen Nationalstürmer Alfonso (Betis Sevilla) nach Barcelona holen.

Gegenkandidat Lluis Bassat liebäugelt mit einer Verpflichtung des französischen Superstars Zinedine Zidane. Während Gaspart für eine Fortführung der bisherigen Vereinspolitik eintritt, verspricht Bassat einen tief greifenden Wandel. Der Chef einer international anerkannten Werbefirma wirft dem Gespann Nunez/Gaspart eine knauserige Politik vor und will „Barca“ mit Millionen-Investitionen zum besten Club der Welt machen. „Wir müssen nicht sparen, sondern wie Manchester United zusehen, dass wir neue Einnahmequellen auftun“, lautet seine Devise.

Bassat scharte ein hochkarätiges Team um sich, das eigentlich unschlagbar sein sollte. Der Ex-Profi und frühere Trainer Johan Cruyff soll ihm als Berater dienen. Die Chefs bedeutender Großunternehmen und bekannte Intellektuelle wie der Krimi-Autor Manuel Vazquez Montalban unterstützen seine Kandidatur. Dass Bassat bei der Wahl dennoch nur als Außenseiter ins Rennen geht, liegt zum einen daran, dass er in der Führung eines Profi-Clubs keine Erfahrung besitzt. Zum andern scheint Gaspart mit seinen kecken Sprüchen und dem Fan-Gehabe einem Teil der über 100 000 Barca-Mitglieder eher aus der Seele zu sprechen.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort