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"Das Spiel hat sich erheblich geändert" Kohler will nochmal auf die europäische Bühne

München/Dortmund (sid).Die Nachricht war den meisten nur eine Kurzmeldung wert: Jürgen Kohler hängt noch ein Jahr dran. 35 Jahre ist der Abwehrrecke inzwischen alt. 35, das ist für einen, der sich immer wieder den gegnerischen Stürmern in den Weg stellen oder gar werfen muss, ein ganz anderes Alter als für einen Torhüter. Doch Kohler will ganz oben abtreten und noch einmal international spielen. Und hängt deshalb bei Borussia Dortmund noch ein Jährchen dran.

Rückblende: Alte Mannheimer Schule. Richtige Fußballer konnten sie sich bei Waldhof auch zu Bundesligazeiten bis auf Maurizio Gaudino und Uwe Rahn nie leisten. Aber Kämpfer. Und was für welche!

Von Karlheinz Förster hieß es, er trainiere, indem er gegen Eisenbahn-Schwellen trete. Als der Stuttgarter 1986 seine Nationalmannschaftskarriere beendete, stand der Nachfolger schon parat: Jürgen Kohler.

"Das Spiel hat sich in den bald 17 Jahren, in denen ich in der Bundesliga spiele, erheblich verändert", resümiert der Weltmeister von 1990, der - nach 105 Länderspielen - 1996 auch noch Europameister wurde: "Für Notbremsen gab es keine Roten Karten, das Grätschen war eine Tugend und nicht verboten, und überhaupt konnten wir Abwehrspieler ganz anders zur Sache gehen." Ob ihm das besser gefallen hat? Diplomatisch antwortet Kohler: "Fußball muss ein Kampfsport bleiben."

Nach sieben Jahren in Mannheim holten ihn erst der 1. FC Köln, dann Bayern München. Mit Fug und Recht lässt sich behaupten: Zu Kohlers Zeiten war die Abwehr des Rekordmeisters sattelfester, als sie es heute ist. Gereift zum internationalen Top-Mann ist Kohler dann in den vier Jahren bei Juventus Turin. Beim italienischen Rekordchampion lernte der Manndecker auch das Toreschießen: "Da bin ich bei Standardsituationen mit in den gegnerischen Strafraum gegangen und habe begonnen, Tore zu erzielen, weil ich oft keinen Gegenspieler hatte." Seit fünf Jahren profitiert jetzt Borussia Dortmund von dieser Auslandserfahrung.

Kohler sammelte Titel wie andere Autogramme. Deutscher Meister mit den Bayern 1990, Italienischer Meister und Pokalsieger 1995 mit "Juve", Meister mit Dortmund 1996, Uefa-Cup-Sieger 1993 und dann, der Triumph, Gewinner der Champions League 1997 - und obendrein noch die Auszeichnung als "Fußballer des Jahres".

So einem müssten die Nachwuchsspieler eigentlich an den Lippen hängen, doch dieser Gedanke scheint ziemlich falsch zu sein: "Ich spreche sehr viel mit den Jungen, versuche ihnen viel zu erklären, den Druck wegzunehmen. Aber die Bereitschaft, sich helfen zu lassen, muss bei den Spielern selbst da sein", erklärte der Routinier in einem Interview mit Premiere World und fügte hinzu: "Es ist keiner mehr kritikfähig, man haut gleich drauf. In Schulen siehst du keine Diskussion mehr, da fliegen gleich die 'Keulen'. Dabei kann man mit Gesprächen viel mehr erreichen als mit Gewalt."

Mangelnde Gesprächsbereitschaft - auch ein Grund für Dortmunds Durchhänger im vergangenen Jahr. Jetzt, unter Matthias Sammer, hat sich das geändert. Und deshalb sind Rat und auch noch Tat des alten Haudegens Kohler bei der Borussia weiterhin gefragt!

(RPO Archiv)
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