Zwei Spiele an zwei Tagen Sebastian Giovinco fliegt zum "Tor des Jahres" über den Atlantik

Eine Geschichte wie aus den 80er-Jahren: Der Italiener Sebastian Giovinco spielt am Dienstag für Italien und schießt seinen Klub in Toronto am Mittwoch erstmals in die Play-offs. Mit einem Traumtor.

 Erst Länderspiel in Italien, dann Ligaspiel in Kanada: Sebastian Giovinco war viel beschäftigt.

Erst Länderspiel in Italien, dann Ligaspiel in Kanada: Sebastian Giovinco war viel beschäftigt.

Foto: dpa, kxt ss

Rom, Olympiastadion, Dienstagabend um kurz nach 22.30 Uhr: Sebastian Giovinco verschwindet in den Katakomben. In der 62. Minute wurde er gegen Norwegen beim Stand von 0:1 eingewechselt, am Ende hat Italien die Partie noch 2:1 gewonnen und sich den ersten Platz in seiner EM-Quali-Gruppe gesichert.

Toronto, BMO Field, Mittwochabend um kurz nach 20.30 Uhr Ortszeit, also 28 Stunden später: Sebastian Giovinco bekommt im MLS-Spiel gegen die New York Red Bulls auf der linken Seite den Ball. Einen New Yorker lässt er stehen, durch zwei läuft er scheinbar hindurch, zwei weitere (einer könnte der aus dem ersten Duell sein, man kommt kaum hinterher) laufen dank einer Körpertäuschung ins Leere, ein strammer Linksschuss, drin! Der Reporter ruft: "Tor des Jahres!"

Wie auch immer diese Wahl ausgeht, einen Sonderpreis hat der kleine Italiener auf jeden Fall verdient. Ja, beide Szenen haben sich in dieser Woche abgespielt, und ja, es gibt nur einen Giovinco, der für die italienische Nationalmannschaft und für den Toronto FC in der Major League Soccer in den USA spielt.

Dank des Treffers zum 2:0, sieben Minuten nach Giovincos Einwechslung, hat sich Toronto in seinem neunten MLS-Jahr erstmals für die Play-offs qualifiziert. New York, Spitzenreiter der Eastern Conference, gelang noch nur der Anschluss. Schön, wichtig, kurios — vielleicht wirklich das "Tor des Jahres".

Die Story erinnert an den Dänen Sören Lerby, der 1985 am selben Tag für sein Heimatland und den FC Bayern München auf dem Platz stand: nachmittags WM-Qualifikation in Dublin gegen Irland, abends DFB-Pokal beim VfL Bochum. Oder auch an Mark Hughes, der 1987 zuerst für Wales ein EM-Qualifikationsspiel in Prag gegen die Tschechoslowakei bestritt und dann beim Sieg (3:2 n.V.) des FC Bayern München im Wiederholungsspiel der der zweiten DFB-Pokalrunde gegen Borussia Mönchengladbach eingewechselt wurde.

Giovinco hatte zwar eine Nacht dazwischen, aber auch einen zehnstündigen Linienflug von Rom nach Toronto auf die andere Seite des Atlantiks. Um 16.08 Uhr Ortszeit landete der ehemalige Profi von Juventus Turin in Kanada, schnurstracks ging es zum Stadion.

Giovinco ist erst 28 Jahre alt und kommt in 31 Spielen diese Saison auf 22 Tore und 15 Assists für Toronto. Der FC Liverpool und Tottenham Hotspur sollen sich schon offiziell gefragt haben, was so ein Spieler in den USA macht. Für rund sechs Millionen Euro Jahresgehalt setzt man sich zwischen einem Dienstag- und Mittwochabendspiel sicher gerne zehn Stunden ins Flugzeug.

Genügend Beinfreiheit hat Giovinco, Spitzname "Atom-Ameise", selbst in der Economy Class — er ist nur 1,64 Meter groß. Da bereitet sogar die Bildbeschneidung auf Twitter keine Probleme:

(jaso)
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