Erstmals Äußerungen zur Drogen-Affäre: Daum: "Ehre und Integrität verletzt"

Düsseldorf (dpa). Christoph Daum (Foto) befindet sich im US-Bundesstaat Florida auf einer rastlosen Flucht und hat den telefonischen Kontakt zu ihm nahe stehenden Personen abgebrochen. Dafür ließ der ehemalige Trainer von Bayer Leverkusen in einer ersten öffentlichen Stellungnahme ausrichten, er fühle sich in seiner "Ehre und Integrität" verletzt. Vor Ort befindliche Reporter der "Bild"-Zeitung berichteten am Montag, der 47-Jährige habe seit seiner Einreise in die USA innerhalb von einer Woche an fünf verschiedenen Orten Quartier bezogen, um unentdeckt zu bleiben. Ein Haftbefehl gegen den Fußball-Trainer wegen Drogenbesitzes wird zurzeit von keiner der beiden ermittelnden Staatsanwaltschaften in Köln und Koblenz erwogen.

Daum teilte "Bild" über seinen Kölner Anwalt Ralf Stankewitz mit, er nutze seine Zeit zur "Erholung und um Kräfte zu tanken". Er werde "zu jeder Anschuldigung Stellung beziehen, vor allem zur Unrichtigkeit der Haar-Analyse", hieß es am Montag. Nach Angaben der Zeitung wirft Daum seinem ehemaligen Arbeitgeber in Leverkusen vor, er habe sich nach Bekanntwerden der positiven Haaranlyse "heftige Anschuldigungen anhören müssen. Ohne die Möglichkeit zu haben, richtig Stellung zu beziehen. Es hießt ständig: Du bist krank, du leidest unter Realitätsverlust. Ich war in meiner Ehre und Integrität verletzt."

Die Zeitung "Express" (Köln) meldete, der Coach habe den Kontakt zu seinem Freund und Berater Rolf Lövenich und zu einer Ehefrau Ursula abgebrochen. Eine zweite Haarprobe wolle der Ex-Trainer zu Wochenbeginn in den USA in Auftrag geben.

Die Staatsanwaltschaft in Koblenz erklärte auf dpa-Anfrage, dass erst nach Abschluss der Ermittlungen gegen Daum über weitere Schritte entschieden werde. Die Kölner Oberstaatsanwältin Regine Appenrodt erklärte, derzeit werde geprüft, ob Koblenz oder Köln die Federführung bei den Ermittlungen übernehmen werde.

Auch Reiner Calmund, Manager des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen, erklärte, den Kontakt zu dem ehemaligen Bayer- Vereinstrainer verloren zu haben: "Ich habe keine Chance, ihn zu erreichen." Daum, der zuvor von "einer Verschwörung" gegen ihn gesprochen hatte, sieht sich von seinen ehemaligen Mitstreitern offenbar nur unzureichend unterstützt. Der "Express" zitiert einen Suchtexperten, der Daums Reaktionen als ein "typisches Verhalten eines Kokain-Abhängigen" einstuft.

Calmund, der Daum zunächst in die "Betreuung" von engen Bekannten nach Florida schickte, erlebt nach eigenem Bekunden derzeit die schwierigsten Situationen seiner Manager-Karriere: "Was ich derzeit durchmachen muss, ist die Hölle. Ich habe in meinen Leben die wildesten Achterbahnen überstanden, aber das ist die gruseligste Geisterbahn meines Lebens." Die Vorwürfe, er habe von Daums Drogenkonsum wissen müssen und für den Fußball-Lehrer eine "Fluchthilfe" organisiert, setzen dem Bayer-Manager ebenso zu wie die Kritik aus der Bundesliga, er verweigere Rudi Völler eine langfristige Tätigkeit als DFB-Teamchef. "Ich kann als Geschäftsführer der Bayer Fußball GmbH doch nicht unseren größten Sympathieträger ziehen lassen", erklärte Calmund. Er bestritt, dass er bei Bayer Leverkusen im Zuge der Affäre zwei Mal seinen Rücktritt angeboten habe.

In der Diskussion, wer nach dem 1. Juni die Nationalelf betreuen wird, hat Ottmar Hitzfeld erneut bekräftigt, dass er in den kommenden drei Jahren nicht als Bundestrainer zur Verfügung stehe. An dem Amt sei er grundsätzlich interessiert. Aber er wolle nicht nur seinen Vertrag bis 2003 beim FC Bayern München erfüllen, sondern sogar eine Verlängerung des Kontraktes wäre möglich, sagte der 51- Jährige am Montag. "Der Spiegel" hatte berichtet, Hitzfeld sei ab 2002 zu einer DFB-Tätigkeit bereit. "Was nach 2003 kommt, ist alles offen", betonte er: "Es kann auch sein, dass ich meinen Vertrag bei Bayern München verlängere." Er sei "sehr glücklich in München". Gerhard Mayer- Vorfelder, Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), hatte am Sonntag Hitzfeld, Völler und Michael Skibbe als Kandidaten für die Leitung der Nationalelf genannt.

Scharfe Kritik am DFB übte Jürgen W. Möllemann. Im WDR-Fernsehen sprach der Aufsichtsratsvorsitzende von Schalke 04 am Sonntagabend von der "miserablen Rolle, die in den letzten Wochen der DFB gespielt hat". Der FDP-Politiker forderte eine neue Führungsstruktur im DFB und empfahl Vizepräsident Franz Beckenbauer, "sich zu konzentrieren auf wenige wichtige Aufgaben. Es ist eine Herkulesarbeit, die er sich mit seinen Multifunktionen auflädt. Und irgendwo kann man da schon mal in der Mixtur der Interessen durcheinanderkommen."

(RPO Archiv)
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