Glanz der alten Zeiten ist vorbei Bayern-Gastspiel weckt Erinnerungen

Magdeburg (sid). Damals war es das Duell der Giganten, diesmal spielt einfach nur der Viertligist 1. FC Magdeburg gegen den deutschen Meister FC Bayern München. In der zweiten Runde des DFB-Pokals am Mittwoch (20.30 Uhr/live in der ARD) will der Tabellenführer der Oberliga Süd nicht nur die übermächtigen Bayern besiegen, sondern auch das deutlich angeschlagene Image der letzten Jahre wieder aufpolieren.

Fast 100 akkreditierte Journalisten, ein neues VIP-Zelt für 600 Personen und eine vom Vermarkter Sportwelt aufgestellte Videowand spiegeln die Bedeutung des Spiels für den Magdeburger Fußball wider. Jeder will die Bayern im seit Wochen mit 26.000 Zuschauern ausverkauften Ernst Grube-Stadion sehen. "Wir hätten 80.000 Karten verkaufen können. Eine Verlegung in eine andere Stadt war aber nie ein Thema," berichtet Geschäftsführer Bernd Lindner. "Schwarzhandel werden wir aber trotz des riesigen Andrangs nicht dulden." Das Spiel soll einen Gewinn von 500.000 Mark in die Kasse bringen.

Insgesamt fünf Mal trafen beide Klubs bisher aufeinander. Ebenso oft verließen die Münchner als Sieger den Platz. Das wichtigste Aufeinandertreffen der beiden Traditionsklubs fand im Herbst 1974 statt. Im Achtelfinale des Europapokals der Landesmeister verlor der Europacup-Sieger der Pokalsieger von 1974 nach einer 2:3-Niederlage im Münchner Olympiastadion auch das Heimspiel mit 1:2 gegen Beckenbauer und Co.. Der derzeitige Co-Trainer des 1. FCM, Martin Hoffmann, hatte im Hinspiel das zwischenzeitliche 2:0 erzielt, konnte aber den Sieg der Bayern, um den heutigen Manager Uli Hoeneß, nicht verhindern.

Doch von dem alten Glanz ist beim dreimaligen DDR-Meister (1972, 1974, 1975) und siebenmaligen Pokalsieger (1964, 1965, 1969, 1973, 1978, 1979, 1983) 1. FC Magdeburg nicht mehr viel übrig geblieben. Noch vor wenigen Wochen stand der Oberligaspitzenreiter am Rande des Ruins. Im Frühjahr 2000 schloss der ehemalige Präsident Eckhard Meyer Millionen-Verträge mit Manager Rüdiger Lamm und Trainer Ernst Middendorp ab. Auf Drängen der Sportwelt wurden diese wieder gekündigt. Lamm klagte erfolgreich gegen den Verein und brachte ihn somit an den Rand des Ruins. Inzwischen haben sich aber beide Parteien geeinigt.

Noch immer ist in der Führungsriege des einzigen Europapokal-Gewinners der DDR keine Ruhe eingekehrt. Der Verein muss weiterhin ohne Präsidenten auskommen. Allerdings ist es dem FCM gelungen, den DDR-Rekordnationalspieler Joachim Streich und FIFA-Schiedsrichter Bernd Heinemann an sich zu binden. Beide sollen im Verwaltungsrat ihre sportliche Kompetenz einbringen.

Auch auf dem Rasen tummeln sich Spieler mit Profierfahrung. Unter ihnen auch Kapitän Bodo Schmidt. Der ehemalige Bundesliga-Spieler von Borussia Dortmund freut sich auf den Rekordmeister: "Das ist für den Verein und für die Spieler ein Mega-Event. Wesentlich wichtiger für uns ist aber der Aufstieg in die Regionalliga. Den DFB-Pokal sehe ich nur als Zugabe."

In der ersten Runde schossen die Magdeburger den 1. FC Köln mit 5:2 aus dem heimischen Stadion. Um auch gegen den FC Bayern München die Pokal-Sensation zu schaffen, überlässt Trainer Eberhard Vogel nichts dem Zufall. Der 75-malige DDR-Auswahlstürmer (25 Tore) hat sich vom Kollegen Eduard Geyer das Video vom 1:0-Sieg seines Energie Cottbus gegen die Münchner zuschicken lassen. "Wir haben eine Chance, wenn wir aus einer kompakten Abwehr unsere Konter setzen," so Vogel nach dem Video-Studium.

(RPO Archiv)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort