Bundestag debattiert / Festakt in Dresden Zehn Jahre Währungsunion

Berlin/Dresden (dpa). Mit einer Bundestags-Debatte in Berlin und einem Festakt in Dresden wird am Freitag der 10. Jahrestag der deutsch-deutschen Währungsunion begangen. Mit der historisch einmaligen Währungsunion und gigantischem Umtausch von über 430 Milliarden Ost-Mark zu unterschiedlichen Kursen in D-Mark musste sich das DDR-Wirtschaftssystem komplett umstellen. In der zweistündigen Parlamentsdebatte in Berlin wird nicht nur auf Erfolge seit Einführung der D-Mark in der DDR am 1. Juli 1990 verwiesen werden können. Erwartet wird auch eine kritische Bilanz. Denn der Aufholprozess der neuen Länder ist seit drei Jahren ins Stocken geraten.

Zu den positiven Effekten gehören unter anderem ein höherer Lebensstandard im Osten, eine erneuerte Infrastruktur und die weitgehende Beseitigung von Umweltschäden. Dem steht eine im Vergleich zum Westen doppelt so hohe Arbeitslosigkeit gegenüber und eine nach wie vor deutlich geringere Wirtschafts- und Finanzkraft des Ostens. Renommierte Wirtschaftsforschungsinstitute haben den künftigen Sonderbedarf der neuen Länder nach Auslaufen des Solidarpaktes im Jahr 2004 auf bis zu 500 Milliarden Mark beziffert.

Zu dem Festakt im Sächsischen Landtag in Dresden werden rund 400 Gäste erwartet. Unter anderen sprechen Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) und Sachsens Wirtschaftsminister Kajo Schommer (CDU).

Politiker zur Währungsunion: schwierig, aber notwendig

Politiker aus Ost- und Westdeutschland haben die zwischen Bundesrepublik und DDR vor zehn Jahren vollzogene Währungsunion als schwierigen, aber notwendigen Schritt bezeichnet.

Der letzte DDR-Ministerpräsident Lothar de Maiziere (CDU) zog eine verhalten positive Bilanz. Der Transformationsprozess vom Plan zum Markt sei auch heute noch mit unglaublicher Schärfe verbunden, sagte de Maiziere dem MDR 1 Radio Thüringen am Freitag. Zugleich sei den Ostdeutschen mit der Währungsunion aber das Schicksal von Millionen Osteuropäern erspart worden. Dort habe die Inflation der vergangenen Jahre Ersparnisse und Lebensleistungen vernichtet.

Der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder, Rolf Schwanitz, sagte im InfoRadio Berlin- Brandenburg: "Es sind Fehler gemacht worden, aber ich finde trotzdem nicht, dass die Währungsunion zu teuer bezahlt worden ist." Es sei keine andere Entscheidung möglich gewesen, weil der politische Druck durch die öffentliche Meinung enorm hoch gewesen sei.

Auch die frühere SPD-Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier bezeichnete die Einführung der Währungsunion als richtigen Schritt. Im ZDF-Morgenmagazin sagte sie: "Es gab dazu keine Alternative. Der Fehler war nur, dass die Einführung nicht ausreichend begleitet wurde."

Nach Ansicht von Harald Ringstorff (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, war die Währungsunion vor zehn Jahren ein ökonomischer Fehler, aber politisch notwendig. Ringstorff sagte im DeutschlandRadio Berlin: "Die Menschen wären in Scharen aus der DDR weggelaufen, wenn diese Lösung nicht gefunden worden wäre."

Grüne: Appell an West-Solidarität fehlt

Bei der deutsch-deutschen Währungsunion vor zehn Jahren hat es nach Ansicht der Grünen entscheidende Fehler gegeben, die mitverantwortlich sind für die späteren Defizite. Der Haushaltsexperte von Bündnis 90/Die Grünen, Oswald Metzger, nannte am Freitag in einer Bundestagsdebatte unter anderem den damals festgelegten Wechselkurs sowie die Beibehaltung der DDR-Altschulden.

Ein "Kernfehler" sei aber gewesen, dass die damalige christlich- liberale Bundesregierung die realen Kosten falsch eingeschätzt und nicht an die Bereitschaft der Bevölkerung appelliert habe, für die Einheit mehr zu zahlen. Die Bereitschaft sei 1990/91 durchaus vorhanden gewesen. Zudem sei die Einheit extrem über Verschuldung finanziert und auf die Sozialversicherungen abgewälzt worden.

Metzger würdigte zugleich ausdrücklich die "historische Leistung" Helmut Kohls bei der Wiedervereinigung. Dies gehöre ungeachtet der aktuellen Situation zum Anstand, sagte der Grünen-Politiker mit Blick auf die Rolle des Ex-Kanzlers bei der CDU-Spendenaffäre. Zugleich sprach sich Metzger für einen Solidarpakt II nach 2004 für die neuen Länder aus, allerdings mit neuen Instrumenten.

(RPO Archiv)
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