Persönlich Wolfgang Schäuble . . . wird als Zweiter im Staat gehandelt

Wenn bald das Bundestagshandbuch erscheint, wird unter dem Buchstaben S eine Besonderheit auftauchen: Dreizehn Sterne vor dem Wort "Schäuble". Das bedeutet, dass Wolfgang Schäuble (75) dem Bundestag bereits in der 13. Legislaturperiode angehört - seit 1972. Viel länger als jeder andere Abgeordnete. Deshalb wird er auch den neuen Bundestag als Alterspräsident eröffnen. Und wenn es nach führenden CDU-Leuten geht, gleich darauf eine Etage höher Platz nehmen: Als Präsident des Parlamentes wäre Schäuble ideal, sagt sein baden-württembergischer Parteifreund Günther Oettinger.

Aus Sicht des Protokolls wäre das eine deutliche Verbesserung. Der Finanzminister ist zwar eines der wichtigeren Kabinettsmitglieder, aber deutlich unter der Kanzlerin angesiedelt, und auch die steht unter den Hauptrepräsentanten des Staates. Und das sind nun einmal der Bundespräsident und als zweiter Mann im Staat der Bundestagspräsident. Doch im realen Politikerleben zählt die operative Power. Und da kann ein Parlamentspräsident mit Appellen wirken oder indem er sich im Präsidium seiner Partei querstellt. Aber wer zahlt, bestimmt die Musik, und deshalb hatte Schäuble in der Vergangenheit energisch abgewunken, sooft er für derartige Posten gehandelt wurde.

Nun beansprucht die FDP das Finanzressort und eine geschwächte Union könnte eher geneigt sein, dieses Ministerium zu räumen.

Auch in der ersten großen Koalition hatte Merkel den Posten schon einmal an den Koalitionspartner abgetreten. Doch der Bundestagspräsident braucht eine Mehrheit. Und da sich Union, FDP und Grüne bis zur Konstituierung des Parlamentes wohl noch nicht handelseinig sind, müsste sich hier die Jamaika-Mehrheit zeigen, bevor das Bündnis steht. Doch davor steht etwas Wichtigeres: Schäuble selbst muss wollen. Und wenn er lieber im Kabinett bleibt, wird Merkel ihn nicht beiseite schieben. Gregor Mayntz

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort