Düsseldorf Uni-Rektor verteidigt Vorgehen gegen Schavan

Düsseldorf · Für Hans Michael Piper ist die Düsseldorfer Prüfung der Plagiatsvorwürfe gegen die Bundesforschungsministerin "ein gewichtiges Verfahren".

Seit mehr als sechs Monaten prüft die Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, ob Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) in ihrer 1980 vorgelegten Doktorarbeit Quellen nicht vollständig aufgelistet oder gar verschleiert hat. Bestätigte sich der Vorwurf, droht ihr der Entzug ihres Doktortitels; ein Rücktritt wäre wahrscheinlich. Der Schatten der Plagiatsaffäre liegt auch über Schavans Auftritt auf dem am Montag beginnenden CDU-Parteitag in Hannover. Dort kandidiert die 57 Jahre alte Neusserin nicht erneut als stellvertretende CDU-Vorsitzende.

Der Umstand, dass die Universität überhaupt eine Prüfung eingeleitet hat, sowie deren Dauer werden allerdings in der Union wie auch in hochschulnahen Kreisen kritisiert. Rektor Hans Michael Piper verteidigt jetzt im Gespräch mit unserer Zeitung das Vorgehen der Universität: "Gerade bei so gewichtigen Verfahren – wobei es aus Sicht der Universität wichtig ist, weil es hier um eine mögliche Zurücknahme einer Titelverleihung geht und nicht, weil es sich um eine Politikerin handelt – gilt es, mit großer Sorgfalt vorzugehen." Aufgrund der öffentlichen Beachtung handele es sich bei der Affäre um einen "besonderen Fall".

Piper nennt auch die Dauer der Prüfung normal. Da Schavan ihre Arbeit "Person und Gewissen. Studien zu Voraussetzungen, Notwendigkeit und Erfordernissen heutiger Gewissensbildung" 1980 im Bereich Erziehungswissenschaften eingereicht habe, sei allein die Beschaffung der zum Quellenabgleich notwendigen Materialien zeitaufwendig, die die Ministerin für ihre Doktorarbeit verwendet habe.

Piper weist Verdächtigungen zurück, hinter dem Vorgehen der Universität könnten politische Motive stehen. "Der Heinrich-Heine-Universität geht es nicht um die Bewertung der jetzigen Verdienste der Bundesministerin, sondern um die Frage, wie die junge Wissenschaftlerin vor 32 Jahren ihre Doktorarbeit geschrieben hat." Die Universität sei durch anonym gebliebene Plagiatsforscher, die ihre Erkenntnisse im Internet verbreiteten, auf Schavans Doktorarbeit aufmerksam geworden. Daraufhin habe die zuständige Philosophische Fakultät eine Prüfung eingeleitet; auch Schavan habe darum gebeten.

Ein erster Sachstandsbericht des Gutachters Stefan Rohrbacher, ein Judaist der Hochschule und stellvertretender Dekan der Philosophischen Fakultät, war durch Indiskretionen Mitte Oktober öffentlich geworden. Rohrbacher kommt in seiner 75-seitigen Analyse der 351 Seiten umfassenden Arbeit Schavans zu dem Schluss, sie habe in "leitender Täuschungsabsicht" gehandelt. Dieses Urteil ist von prominenten Vertretern des Wissenschaftsbetriebs kritisiert worden. Rektor Piper verteidigt Rohrbacher mit den Worten, die Schavan-Verteidiger hätten sich "als Meinungsträger" geäußert, aber keine wissenschaftliche Analyse durchgeführt.

Einen Zeitraum, in dem die Philosophische Fakultät ihr Urteil fällen wird, nennt Piper nicht. Die Prüfung könne zur Aberkennung des Doktortitels, einer Einstellung der Prüfung ohne Ergebnis oder einer Art akademischer Rüge führen. In diesem Falle behalte Schavan den Doktortitel. Die Fakultät verfüge hier über einen "Ermessensspielraum", unterstrich der Rektor.

Politik Seite A 4

(RP)
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