Gott Und Die Welt So geschlechtlich ist also unsere Sprache

Der Mensch ist männlich – jedenfalls will es die Grammatik so. Im Leben ist das anders, die Natur will es so. Aber darf man das Geschlecht unserer Sprache überhaupt mit dem natürlichen Geschlecht abgleichen? Ein Streitfall mit ungewissem Ausgang.

Dass neulich beim Frühstückstisch zwischen Rübenkraut und Ardenner Schinken vom Geschlecht die Rede war, mag manchem als unpassend erscheinen. Doch wer glaubt, dieser Einstieg sei bloß der schnöde Trick, den Leser an diese Kolumne zu binden, der irrt. Denn es wurde nur über das grammatikalische Geschlecht gesprochen – ein gar nicht unbedeutendes Problem unserer Zeit. Weil Gerechtigkeitsfanatiker, Gleichstellungseuphoriker und Weltverbesserungsrebellen nicht willens sind, zwischen dem real existierenden Geschlecht und dem grammatikalischen zu unterscheiden.

Warum bloß? Nehmen wir nur einmal den Menschen. Der ist syntaktisch gesehen männlich, in Wirklichkeit aber –wir wissen es doch alle – männlich und weiblich. Die Ameise ist weiblich, der Ameisenbär aber männlich, und ähnlich kunterbunt verhält es sich in der Vogelwelt: vom Star bis zur Drossel. Dass das eine (die Grammatik) mit dem anderen (dem Leben) nichts zu tun hat, wird ebenfalls in Begriffen deutlich: Das grammatikalische Geschlecht heißt Genus, das "natürliche" indes Sexus. So weit, so gut – und doch nicht akzeptiert. Allein am Gottesbegriff, exakter: am Gottesgeschlecht haben sich ja schon etliche Theologen und Theologinnen abgearbeitet – also "TheologInnen". Jeder Studentenvertreter, der vor ein paar Jahren die Schreibweise mit dem großen I mittendrin auf seinen Aufruf zu einem Sit-in vor dem Rektorat für eine art-gerechte Hühnerhaltung in Nordkorea nicht beherzigte, wurde mit der Exmatrikulation sowie der anschließenden Verbannung auf die Insel Anthemoessa bestraft.

Mit all dem Streiten sind wir in unserer Wortwahl ein Stück gerechter geworden. Alles brave Menschen hier auf Erden, die sich wenigstens eine Schulstunde lang darüber mokieren können, dass das Männliche unsere Sprache beherrscht. Darüber kann man ja gerne streiten oder vielleicht auch nur reden, nicht aber über die Vergewaltigung unseres so schutzlosen Wortes "man". Wenn "man" einkaufen geht, muss es "frau" bitte nicht auch tun. "Man" ist ein Indefinitpronomen, also sogar grammatikalisch unbestimmt. Und wie groß wird nach dieser Zeile nun die Zahl der Feinde sein? Vermutlich weit geringer als die der Feindinnen!

Darum schnell ein kleiner Einschub des Selbstzweifels: Aber wenn es doch so ist, dass ausgerechnet unsere Muttersprache männlich durchsetzt und geschändet ist? Wenn all die Vorbehalte vielleicht stimmen und die logische Unterscheidung zwischen Genus und Sexus mal wieder nur ein taktisches Manöver ist? Da aber kam der Einfall, der Rettung versprach: Und was ist mit der Drohne, einem ausgewiesen männlichen Insekt, aber mit weiblichem Artikel? War es der schnöde Triumph, der die Stimme in diesem Augenblick ein wenig kieksen ließ? Ach ja, die Drohne? Sie ist wohl nicht ohne Grund Namensgeber eines Kriegsgeräts, das quasi klinisch, ohne eigene Gefahr und eigenen Einsatz Tod und Verderben bringt. Gibt es Trefflicheres, als mit diesem Zwitterwesen die Falschheit auf Erden zu dokumentieren?

Was genau dröhnte in diesem Moment? Es war die Brotkrume, die zu Boden fiel.

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserem Autor: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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