SPD Nahles rückt die Fraktion nach links

Berlin · Die Arbeitsministerin soll morgen den Vorsitz der SPD-Fraktion übernehmen. Nicht alle Genossen unterstützen das.

Kaum eine andere Frau in der SPD ist so gut vernetzt wie Andrea Nahles. Jetzt steht die 47-Jährige kurz davor, den bisher einflussreichsten Posten ihrer Parteilaufbahn zu übernehmen: SPD-Chef Martin Schulz schlug sie gestern als neue Fraktionsvorsitzende vor.

Nahles, so das Kalkül des durch die Wahlniederlage selbst angeschlagenen Schulz, soll das moderne Gesicht der SPD an vorderster Front werden. Und niemand in der SPD dürfte Zweifel daran haben, dass Nahles das Zeug zur Oppositionsführerin hätte, selbst im harten Schlagabtausch mit der AfD.

So bewies sie etwa in der letzten Plenarsitzung mit einem zehnminütigen Wortgefecht gegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU), dass sie in Rhetorik keine Nachhilfe benötigt. Einzig singen solle sie im Plenum nicht mehr, scherzen auch Parteifreunde in Anspielung auf ihr mittlerweile legendäres "Pippi Langstrumpf"-Ständchen. Doch die gläubige Katholikin aus der Eifel muss in der neuen Position nicht nur pointierte Reden schwingen. Viel schwieriger wird es sein, der am Boden liegenden SPD trotz des altbekannten Personals ein neues Profil zu geben. Dieses Profil wird deutlich stärker nach links ausgerichtet sein, das ist bereits klar. Nahles wird operativ mächtiger sein als Schulz. Teilnehmern der Gremiensitzung gestern zufolge soll sie aber angekündigt haben, dass Teamplay in der Führung einen neuen Stellenwert bekommen werde. Zudem brauche es für die desaströsen 20,5 Prozent eine Aufarbeitung. "Wir müssen Tiefenbohrungen über die Gründe vornehmen", wurde Nahles zitiert. In der Fraktion ist ihre Personalie jedoch umstritten. Hinter den Kulissen, so ist zu vernehmen, werde überlegt, wie man ihre Wahl morgen gar verhindern könne.

Nahles hat ein vielschichtiges Image in der Partei. Den einen gilt sie als linke Nervensäge, anderen gerade wegen ihrer politischen Ausrichtung als Hoffnungsträgerin. Nach diversen Reibereien und offenen Gefechten mit früheren Parteichefs gilt sie zudem als "Königsmörderin". Zuletzt hatte sie auch den Ruf, Sigmar Gabriels Lieblingsgegnerin zu sein.

Klar, dass da die rechten Strömungen in der SPD aufbegehren. Der Vorsitzende des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD, Johannes Kahrs, warnte sogleich vor Schnellschüssen. "Die neue SPD-Fraktion braucht jetzt Zeit, die notwendigen personellen Fragen in Ruhe zu diskutieren. Vorschnelle Festlegungen über die Fraktionsführung helfen nicht weiter, und daher lehnen wir diese ab", sagte Kahrs unserer Redaktion. Aus dem Ergebnis müsse man jetzt die richtigen Schlüsse ziehen. "Wenn es eine programmatische und organisatorische Neuaufstellung der Fraktion geben soll, muss der Bundestagsfraktion die Zeit gegeben werden, darüber zu beraten. Auch über diese Woche hinaus", sagte Kahrs. Ähnlich äußerte sich NRW-Landesgruppenchef Achim Post. Gut möglich, dass sich die Seeheimer mit dem Gebrüll einen anderen wichtigen Posten in der Fraktion sichern wollen: den des Parlamentarischen Geschäftsführers. Zumal dafür etwa der bisherige Generalsekretär Hubertus Heil gehandelt wird, der als Mitglied der "Netzwerker" weder der rechten noch der linken Strömung angehört.

(jd)
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