Linksruck bei Wahl in Dänemark

Kopenhagen (anw/RP) Dänemark steht offenbar vor einem Machtwechsel. Bei der Parlamentswahl zeichnete sich gestern Abend ein Sieg der Oppositionsparteien ab. Nach ersten Ergebnissen könnten die Sozialdemokraten mit ihrer Spitzenkandidatin Helle Thorning-Schmidt und ihre Partner bis zu 92 Sitze im Kopenhagener Parlament, dem Folketing, bekommen. Der bislang regierende Mitte-Rechts-Block käme demnach auf 86 oder 87 Abgeordnete im 179 Sitze umfassenden Parlament.

Damit dürften nach zehn Jahren der wirtschaftlichen Liberalisierung und der Verschärfung der Ausländergesetze die Tage der von den Rechtspopulisten gestützten Minderheitsregierung von Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen gezählt sein. Thorning-Schmidt hat nun gute Chancen, erste Regierungschefin des Landes zu werden.

Rasmussen hatte im Wahlkampf argumentiert, seine Regierung habe das Land erfolgreich durch die Finanzkrise gesteuert. Das linke Lager werde bei einem Wahlsieg die Reformen rückgängig machen. Thorning-Schmidt hatte dem Regierungschef im Gegenzug vorgeworfen, das Land höher verschuldet zu haben. "Dänemark braucht den Wandel, Dänemark braucht Bewegung, und Dänemark braucht meine Führungskraft", hatte Thorning-Schmidt gesagt.

Weil es nicht zur Euro-Zone gehört, sind Dänemark die Turbulenzen der Finanzkrise um Griechenland erspart geblieben. Jedoch haben auch dänische Banken Probleme, und die Wirtschaftskrise hat die einstigen Haushaltsüberschüsse in Defizite verwandelt. Im kommenden Jahr dürfte der Fehlbetrag auf 4,6 Prozent der gesamten Wirtschaftsleistung steigen.

Sollte Rasmussen abgewählt werden, würde eine 19 Jahre währende Ära enden, in der das Land einen Regierungschef dieses Namens hatte. Der Amtsinhaber sowie seine unmittelbaren Vorgänger Poul Nyrup Rasmussen und Anders Fogh Rasmussen sind nicht miteinander verwandt. Ihr Name kommt in Dänemark jedoch recht häufig vor.

Thorning-Schmidt ist die Schwiegertochter des früheren britischen Labour-Chefs und späteren EU-Kommissars Neil Kinnock. Ihre potenziellen Bündnispartner sind Sozialisten und Linksliberale. Sollten der erst 1993 der Arbeiterpartei beigetretenen Spitzenkandidatin die Koalitionsgespräche dagegen nicht glücken, gilt ihr Abgang als unausweichlich.

(RP)
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