Erleichterung in Belgien: Neue Regierung in Sicht

Brüssel/Düsseldorf Mehr als 15 Monate nach der Parlamentswahl in Belgien könnte das Land jetzt endlich wieder eine Regierung bekommen. Die acht an den Verhandlungen beteiligten flämischen und französischsprachigen Parteien erklärten gestern, sie hätten sich auf die Aufteilung des umstrittenen Wahlbezirks im Großraum Brüssel geeinigt. Diese Frage galt seit beinahe 50 Jahren als größter Sprengsatz in den Beziehungen der beiden Sprachgemeinschaften.

Dem Durchbruch war eine erneute Intervention von König Albert II. vorangegangen. Als die Verhandlungen zur Wochenmitte erneut zu scheitern drohten, war der Monarch aus seinem Urlaubsdomizil in Südfrankreich nach Brüssel zurückgeeilt und hatte den Streithähnen die Leviten gelesen. In der Nacht zu gestern gelang den Unterhändlern dann der Durchbruch. "Wir haben eine schwierige Brücke überquert", sagte die Vorsitzende der frankophonen Partei CdH, Joëlle Milquet.

Eine Regierung steht damit zwar noch nicht: Die Verhandlungen über wirtschafts- und sozialpolitische Fragen wurden gestern fortgesetzt. Die Belgier feierten die Nachricht nach 459 Tagen des Stillstands dennoch als historischen Durchbruch. Im April 2010 hatte Albert II. den Rücktritt der damaligen Regierung angenommen. Ministerpräsident Yves Leterme ist seitdem nur noch geschäftsführend im Amt. Ein halbes Dutzend Anläufe zu Sondierungsgesprächen sind seit der Wahl gescheitert, weil sich Wallonen und die Niederländisch sprechenden Flamen im Norden nicht auf eine Staatsreform und auf den Status der Hauptstadt Brüssel einigen konnten. Aus der Wahl am 13. Juni 2010 war die Neue Flämische Allianz als Siegerin hervorgegangen. Sie fordert die Teilung Belgiens.

(RP)
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