Vorsitzender Sigmar Gabriel SPD-Chef: EU soll Konten reicher Griechen sperren

Berlin · Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die Staatschefs der EU aufgefordert, ausländische Konten griechischer Steuerflüchtlinge zu sperren. "Warum sollte es nicht möglich sein, sich als EU darauf zu verständigen, die Konten wohlhabender Griechen zu sperren, bis diese Personen in ihrer Heimat ausstehende Steuern bezahlt haben?", sagte Gabriel unserer Redaktion.

SPD bestätigt Gabriel im Amt
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Die griechische Regierung hatte neulich eine Liste von Steuersündern veröffentlicht, die Milliarden am Fiskus vorbei ins Ausland gebracht hatten. Gleichzeitig kürzt die Regierung in Athen Löhne und Renten, um aus der Verschuldung herauszukommen. Gabriel mahnte zudem eine Kürzung des griechischen Rüstungsetats an. Das Sparprogramm, das die EU, die Europäische Zentralbank und der Weltwährungsfonds ("Troika") dem Land aufzwingen, treffe vor allem Rentner und Arbeitnehmer, so Gabriel. "Ich glaube, die Grenze der Belastbarkeit ist in diesem Land ohnehin erreicht."

"Griechenland braucht einen Herzschrittmacher"

Die Europapolitik von Kanzlerin Merkel kritisierte der SPD-Chef scharf. "So wie die Bundesregierung bisher die Krise managt, schlittert nicht nur Griechenland, sondern ganz Europa in eine tiefe Wirtschaftskrise, die am Ende auch uns erwischen wird." Die Wirtschaft in Griechenland breche durch die harten Sparmaßnahmen so schnell zusammen, dass die Wachstumsziele gar nicht erreicht werden könnten. "Frau Merkels Diagnose lautet: Griechenland ist zu fettleibig, wir müssen dem Land nur eine strikte Diät verordnen und alles wird gut. In Wahrheit ist das Land vor allem herzkrank. Griechenland braucht einen Herzschrittmacher und Infusionen, sonst stirbt der Patient." Notwendig sei ein "Marschallplan für Südeuropa" mit gezielten Investitionen in Wachstumsbranchen.

Zugleich forderte Gabriel eine europäische Initiative zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. Griechenlands Regierung hat derweil weitere Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro beschlossen. Die EU-Finanzminister wollen sich am Montag treffen, um über das zweite Griechenland-Hilfspaket zu beraten. Seit Wochen verhandeln die Geldgeber mit der griechischen Regierung über weitere Sparmaßnahmen, um die Verschuldung im Land abzusenken.

Bis Mitte März muss Griechenland knapp 140 Milliarden Euro umschulden, sonst droht der Staatsbankrott. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte eine Verschiebung der Parlamentswahlen in Athen angeregt, weil er fürchtet, dass eine neue Regierung von dem verabredeten Sparkurs abrücken könntet.

Mehrere EU-Staaten trauen Athen die Umsetzung des strikten Sparkurses offenbar nicht mehr zu. Griechenlands Staatspräsident Karolos Papoulias warf Schäuble daraufhin vor, Griechenland zu verhöhnen und zu beleidigen.

Bei einem Treffen im Verteidigungsministerium in Athen empörte sich der 82-Jährige über die Äußerungen Schäubles. "Ich akzeptiere es als Grieche nicht, dass mein Land von Herrn Schäuble beleidigt wird", sagte Papoulias. "Wer ist denn Herr Schäuble, der Griechenland beleidigen kann. Wer sind denn die Niederländer, wer sind die Finnen?", fragte Papoulias erregt während eines Besuches im Verteidigungsministerium. In Deutschland mahnten mehrere Politiker die Handelnden zu mehr Besonnenheit im Umgang mit Griechenland.

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