Dicke Luft in der SPD Sigmar Gabriel rechnet mit Martin Schulz ab

Berlin · Der Außenminister wirft der SPD-Führung Wortbruch vor, weil er in der neuen Regierung kein Amt erhalten soll. Auch in der CDU regt sich Unmut über das Ergebnis der Koalitionsverhandlungen.

 Sigmar Gabriel wirft SPD-Chef Martin Schulz Wortbruch vor. (Archiv)

Sigmar Gabriel wirft SPD-Chef Martin Schulz Wortbruch vor. (Archiv)

Foto: dpa, nie tba kno

Der Abschluss der Koalitionsverhandlungen hat in CDU und insbesondere der SPD heftigen Streit ausgelöst. Angesichts seines drohenden Endes als Außenminister warf Sigmar Gabriel SPD-Chef Martin Schulz Wortbruch vor. "Was bleibt, ist eigentlich nur das Bedauern darüber, wie respektlos bei uns in der SPD der Umgang miteinander geworden ist und wie wenig ein gegebenes Wort noch zählt", sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Welches Versprechen er meint, sagte er nicht. Gabriel hatte im Januar zugunsten von Schulz auf den Parteivorsitz und die Kanzlerkandidatur verzichtet, um Außenminister zu werden. Es wird seither kolportiert, dass Schulz ihm damals für den Fall einer neuen großen Koalition versprochen hat, dass er das Außenamt behalten darf.

"Es gibt da ein Glaubwürdigkeitsproblem"

Schulz hatte am Mittwoch erklärt, dass er selbst Außenminister werden will, obwohl er nach der Wahl ausgeschlossen hatte, in ein Kabinett von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) einzutreten. Dem 58-jährigen Gabriel, bisher Vizekanzler, droht der Sturz in die politische Bedeutungslosigkeit, obwohl er Deutschlands beliebtester Politiker ist. Auch die Parteilinke übte scharfe Kritik daran, dass die Basis mit dem Wechsel an der Parteispitze vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Besonders der Wechsel von Schulz ins Kabinett ist für viele problematisch. "Es gibt diese Fernsehbilder, wo er klar gesagt hat, dass er unter Merkel nie Minister werden will", sagte der Chef der NRW-SPD, Michael Groschek. "Diese Bilder sind in der Welt, und jetzt will er doch Außenminister werden. Es gibt da ein Glaubwürdigkeitsproblem." Mit Spannung werden die Reaktionen an der Basis bei den Debatten zum Mitgliederentscheid über die große Koalition erwartet.

Auch in der CDU wächst der Unmut über zentrale Vereinbarungen des Koalitionsvertrags. Vom Wirtschaftsflügel kam massive Kritik, weil die SPD mit Olaf Scholz, Hamburgs Erstem Bürgermeister, das Bundesfinanzministerium besetzen wird. "Für unsere Partei könnte sich der 7. Februar 2018 als Zäsur herausstellen, als Anfang vom Ende der Volkspartei CDU", warnte der Chef der Mittelstandsvereinigung der Union, Carsten Linnemann. Auch der Chef des CDU-nahen Wirtschaftsrats, Werner Bahlsen, sagte: "Dadurch, dass die SPD das Schlüsselressort Finanzen erhält, winkt ein Ende solider Haushaltspolitik."

Merkels Autorität ist geschwächt

In der CDU rieben sich viele auch an der geplanten Europapolitik. "Wir wollen in Europa keine Schuldenunion und keine tiefergehende EU-Integration. Da dürfen wir Martin Schulz mit seinem falschen Kurs nicht die Bühne überlassen", sagte der CDU-Politiker Klaus-Peter Willsch. "Deutschland hat wegen der Euro-Krise mehrere Hundert Milliarden Euro im Feuer. Wir müssen aufpassen, dass wir die nicht verlieren." Der Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg sagte: "Die Union erwartet, dass die erfolgreiche Europapolitik von Wolfgang Schäuble fortgesetzt wird. Wir werden streng auf die Einhaltung der Stabilitätskriterien in Europa achten."

Die Autorität der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel in ihrer Partei scheint geschwächt. Verlorenes Vertrauen müsse zurückgewonnen werden, forderte Daniel Günther. "Auch deshalb brauchen wir neue Köpfe." Sein Parteifreund Willsch erklärte: "Wir müssen uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel personell neu aufstellen. Denn diese Legislaturperiode kann auch sehr schnell vorbei sein."

(mar)
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