Ende eines Projekts

Das schulpolitische Desaster vom 18. Juli in Hamburg, der Rücktritt Ole von Beusts (CDU), Demissionen in Serie, Haushaltssorgen, grüne Neuwahl-Hoffnungen – die Barkasse CDU/Grüne war leck.

Hamburg Ein alter Schlager kommt in den Sinn, wenn man an die jüngsten koalitionspolitischen Spezialitäten in Hamburg denkt: "Immer wieder sonntags . . ." Das Duo Cindy & Bert besang den besonderen Tag seiner Erinnerung an Musikanten aus Athen. Für das Duo Schwarz & Grün ist der siebte Tag der Woche ebenfalls von ganz eigener Art: Am 24. Februar 2008, dem letzten Wahltag im Stadtstaat Hamburg, läuteten politische Hochzeitsglocken. Sie kündeten vom ersten schwarz-grünen Regierungsbündnis auf Länderebene. Wieder an einem Sonntag, dem 18. Juli 2010 – der Honeymoon war längst vorüber – erhielt die Verbindung einen schwer heilbaren Hieb: Vormittags verkündete der Erste Bürgermeister Ole von Beust, amtsmüde und auf Freizeit erpicht, dass er das gemeinsame "Heim" zu verlassen gedenke. Was im August auch geschah. Abends zerstörten Hamburger Bürger und Freunde des Erfolgsmodells Gymnasium durch Volksentscheid ein politisches Groß- und Lieblingsprojekt der schwarz-grünen Liaison: die im Koalitionsvertrag von 2008 vereinbarte sechsjährige Primarschule.

Für Bildungssenatorin Christa Goetsch (Die Grünen – sie nennen sich in Hamburg Grün-Alternative Liste, GAL) brachen eine schulpolitische Reformwelt und im Grunde auch die innere Geschäftsgrundlage von Schwarz-Grün zusammen. Anders als Ole von Beust harrte Christa Goetsch zerknirscht im Senat aus. Der gleicht seither einer leck geschlagenen Barkasse im Hamburger Hafenbecken.

Und nun wieder ein Sonntag. Die GAL-Grünen, die von Anfang an Mühe hatten, ihrer nach links tendierenden Parteibasis die Fortsetzung der schwarz-grünen Koalition unter dem von-Beust-Nachfolger Christoph Ahlhaus (CDU) akzeptabel erscheinen zu lassen, machten Schluss mit der Regierungs-Partnerschaft, Zu diesem neuerlichen Hamburger Sonntag des 28. November 2010 passt nicht Cindy & Bert, wohl aber die Melodie aus "Spiel mir das Lied vom Tod".

Dem Koalitions-Exitus war ein weiterer Senatoren-Rücktritt im Kabinett Ahlhaus unmittelbar vorausgegangen: die Demission des ins Gerede gekommenen CDU-Finanzsenators Carsten Frigge. Er hatte nach nur acht Amtsmonaten verzichtet, weil gegen seine Beratungsfirma wegen des Verdachts der Beihilfe zur Untreue ermittelt wird. Der Verdacht steht im Zusammenhang mit einer Finanzaffäre, in welche die rheinland-pfälzische CDU verstrickt sein soll. Frigges Rücktritt war der letzte in einer Fünferkette aus vorzeitigen Abgängen: Den Anfang hatte im März Finanzsenator Michael Freytag gemacht. Es folgte der große Knall, den von Beust auslöste. Er hatte schließlich gemeinsam mit Christa Goetsch 2008 die Hand an der schwarz-grünen Wiege gehabt. Sodann verzichteten noch die parteilose Kultursenatorin Karin von Welck sowie Wirtschaftssenator Axel Gedaschklo (CDU). Ein bisschen viel innerhalb von wenigen Monaten.

Die Personal-Abgänge, das Schulreform-Desaster, große Haushalts-Konsolidierungs-Sorgen – dies traf auf eine bundespolitische Stimmung bei CDU und Grünen, die man so umschreiben kann: Wir haben beschlossen, nicht länger miteinander zu flirten. Da die Grünen sich von Neuwahlen Besseres erhoffen als die Union, war es logisch, dass sie als erste den koalitionspolitischen "Totensonntag" ausriefen.

(Rheinische Post)
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