Düsseldorf/New Die mächtigste Nation der Welt ist sehr verwundbar

Düsseldorf/New · Die US-Infrastruktur ist gefährlich marode.

York Der Wirbelsturm "Sandy" hat den Amerikanerern erneut vor Augen geführt, wie verwundbar ihr Land gegenüber Naturkatastrophen ist. Ein Hurrikan der untersten Stufe ließ binnen Stunden acht Millionen Menschen in der mächtigsten Volkswirtschaft der Welt im Dunkeln und im Kalten sitzen. Grund: Die Infrastruktur der USA ist marode. Und das zeigt sich längst nicht nur bei Naturkatastrophen mit dem Ausmaß von "Sandy".

Vor allem Stromausfälle sind vielerorts an der Tagesordnung. Erst im Sommer mussten Hunderttausende rund um die US-Hauptstadt Washington nach einem Sturm teilweise mehr als eine Woche ohne Strom auskommen, mitten in einer Hitzewelle. Ende August sorgte dann der Hurrikan "Isaac" in den Südstaaten für massive Probleme. Genau vor einem Jahr verursachte heftiger Schneefall im Nordosten massenweise Blackouts, Monate davor war es der Hurrikan "Irene".

Anders als etwa in Westeuropa werden in den USA immer noch viele Stromleitungen oberirdisch geführt, vielfach an Holzmasten, die schon Jahrzehnte auf dem Buckel haben. Da muss nur ein dicker Ast abbrechen und auf eine Leitung fallen, dann sitzen ganze Stadtviertel im Dunkeln. "Wann immer starker Wind geht, haben wir einen Stromausfall", kommentierte die Zustände bissig der Weltbank-Chefökonom Justin Lin. "Es erinnert mich an China in den 80er Jahren."

Die Amerikaner leiden aber nicht nur unter Stromausfällen, sondern auch unter einem völlig überlasteten Verkehrssystem in den Metropolen. Busse und Bahnen sind anfällig und unzuverlässig, zerschlissene Straßen machen das Autofahren vielerorts zur Tortur.

In einem Bericht zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit des "World Economic Forum 2011–2012" belegt die US-Infrastruktur nur Platz 24 von 142, hinter Malaysia. Deutschland kommt in dieser Kategorie auf Platz 10. Aber weder für Präsident Barack Obama noch für seinen republikanischen Herausforderer Mitt Romney war die Infrastrukturkrise bisher ein echtes Wahlkampfthema. Beide wissen, dass es an Geld mangelt. Doch möglicherweise setzt "Sandy" das Problem doch noch auf die Agenda.

(RP)
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