Washington Banker wollen Obama verhindern

Washington · Romney will die Zügel für die Finanzbranche wieder lockern.

Die Zähmung des freien Kräftespiels an der Wall Street war eines der wichtigsten Projekte in Präsident Barack Obamas Amtszeit. Dabei war Obama im Jahr 2008 noch der Liebling der Banker. Sie hofften genauso wie der einfache Bürger, dass er sie schnell aus der Krise führen würde. Die Finanzindustrie war nach dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers gerade eben noch einmal davongekommen – aber nur, weil der Staat mit Steuermilliarden zu Hilfe geeilt war.

Doch heute fühlen sich viele Banker vom Präsidenten verraten. "Es gibt einfach dieses Gefühl, das sich quer durch die Finanzgemeinde, ja quer durch die Wirtschaft zieht, dass dieser Typ uns hasst", zitierte das US-Magazin "The Atlantic" einen Investor aus Boston. Und in der Tat: In den vier Jahren der Präsidentschaft gab es viel böses Blut. Aufreger war Obamas Finanzmarktreform, der "Dodd-Frank Act".

Obama wollte im Gegenzug für die Staatshilfe die bis dahin weitgehend unregulierte Finanzbranche zügeln. "Das amerikanische Volk soll nie wieder gezwungen sein, die Rechnung für die Wall Street zu begleichen", sagte er 2010. "Es wird keine weiteren Bankenrettungen mit Steuergeldern geben. Punkt."

Obamas Finanzmarktreform sollte den hochriskanten Spekulationen der Banken einen Riegel vorschieben, die gefahrlose Abwicklung schwankender Finanzriesen ermöglichen, die Boni-Schwemme an der Wall Street eindämmen und den Aufsichtsbehörden mehr Durchgriffsrechte geben. Doch während viele Banker darüber klagen, gegängelt zu werden, geht Kritikern die Reform nicht weit genug.

Die Lobbyisten und Anwälte der Finanzindustrie, so lautet der Vorwurf, hätten das Gesetzespaket aufgeweicht. So ist einer der Kernpunkte bis heute tatsächlich nicht in Kraft: das Verbot des Zockens auf eigene Rechnung, die sogenannte Volcker Rule. Im Jahr 2014 soll es endlich soweit sein. Wie scharf die Beschränkungen dann ausfallen, ist jedoch ungewiss.

Obamas republikanischer Konkurrent Mitt Romney wirft dem Präsidenten jedoch vor, schon jetzt weit übers Ziel hinausgeschossen zu sein. "Dodd-Frank" überziehe das Finanzsystem mit derart vielen Regeln, dass amerikanische Banken ihre Wettbewerbsfähigkeit in der Weltwirtschaft verlören, zulasten von Wachstum und Arbeitsplätzen. Als Präsident will er den "Dodd-Frank Act" zurücknehmen. Also unterstützt die Wall Street Obamas Widersacher Romney.

Kritiker halten Romney vor, in der Diskussion parteiisch zu sein. Er sei schließlich einer der Gründer der Beteiligungsgesellschaft Bain Capital. Derartige Finanzfirmen sind wegen ihres oft rücksichtslosen Vorgehens als "Heuschrecken" in Verruf geraten. Bain Capital gehört mit einem verwalteten Vermögen von rund 60 Milliarden Dollar zu den Schwergewichten der Branche.

(RP)
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