Hessen-SPD Ypsilanti auf dem Weg zur Macht

Frankfurt/Main (RPO). Die hessische SPD nimmt unbeirrt Kurs auf einen Machtwechsel mit Hilfe der Linken. Die Landesvorsitzende Andrea Ypsilanti sieht sich getragen von der Stimmung an der Parteibasis. SPD-Chef Kurt Beck betrachtet die Entwicklung zwar mit gemischten Gefühlen. Doch er kann Ypsilanti nicht stoppen.

Ypsilantis Koalitionspoker in Hessen
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"Wir werden in den kommenden Wochen entscheiden, wie es in Hessen weitergeht", sagte eine sichtlich aufgeräumte Ypsilanti nach dem Ende der gut dreistündigen Beratung des hessischen SPD-Landesvorstands am Mittwochabend in Frankfurt am Main. Der Vorstand beschloss unter anderem einen Zeitplan bis zum 4. Oktober. Dann soll ein Parteitag die endgültige Entscheidung über Rot-Rot-Grün fällen.

Beck gibt sich versöhnlich

Wortreich ist Ypsilanti an diesem Abend bemüht, den bis Anfang Oktober anstehenden Reigen von Parteikonferenzen und Gesprächen als ergebnisoffen darzustellen. Doch eigentlich ist der Kurs klar. Es wird in den folgenden Wochen vor allem darum gehen, den Weg in ein Bündnis mit Grünen und Linken tragfähig abzusichern.

Der Beschluss des Landesvorstands ist für Ypsilantis Weg an die Macht eine wichtige Wegmarke, weniger in seinen unklaren Aussagen, sondern weil er einstimmig mit nur einer Enthaltung zustande kam. Teilnehmer der Runde berichten anschließend, der gesamte Landesvorstand teile nun die Einschätzung, dass die hessische SPD-Basis die Bildung einer Regierung mit Unterstützung durch die Linkspartei wolle. Auch Kritiker einer Annäherung an die Linken trügen diesen Kurs jetzt mit. "Die Sozialdemokraten demonstrieren wieder Handlungsfähigkeit", sagt ein Mitglied der Parteispitze.

Am Tag nach der Vorentscheidung in Hessen gab sich SPD-Chef Kurt Beck in Mainz gelassen. "Es ist wahr, dass ich und meine Mitstreiter in der Parteispitze auf die Risiken eines solchen Weges hingewiesen haben", erklärt Beck: "Ich weiß, wie schwierig es ist, mit zwei Stimmen Mehrheit zu regieren." Dennoch bleibe es bei der Beschlusslage der Partei: "Die Entscheidung ob und wie wird in Hessen getroffen."

"Man versucht, das Ganze zu tabuisieren"

Ein Machtwort lehnt Beck ausdrücklich ab. Im Frühjahr habe öffentliche Empörung geherrscht, weil die hessische SPD-Spitze mit versucht habe, die SPD-Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger auf Linie zu bringen. Nun werde von ihm allen Ernstes verlangt, die hessischen SPD-Abgeordneten auf seine Linie zu bringen, sagte Beck: "Was ist das für eine Logik?"

Im Streit um Hessen sieht der SPD-Vorsitzende nicht zuletzt den Versuch, seiner Partei bestimmte Bündnisoptionen grundsätzlich zu versperren: "Man versucht, das Ganze zu tabuisieren und die SPD einzumauern für alle Zeiten."

Doch auch wenn die Landespartei ihr Rückendeckung gibt und die Bundes-SPD sich heraushält - am Ziel ist Ypsilanti längst noch nicht. Dass einem Linksbündnis der Schiffbruch von den verschiedensten Klippen droht, wird immer wieder deutlich. Während die kritischen Diskussionen innerhalb der hessischen SPD zunächst zum Ende gekommen sind, stehen sie in der hessischen Linkspartei noch ganz am Anfang.

Vor allem der hessische Grünen-Chef Tarek Al-Wazir fordert von den Linken umfangreiche inhaltliche Zusagen. So müsse die Linke nicht allein versprechen, Ypsilanti zur Ministerpräsidentin zu wählen, sondern auch zusagen, einem rot-grünen Landeshaushalt zuzustimmen. Die Grünen verweisen zudem darauf, dass im kommenden Jahr in Hessen nicht weniger als 50 Landesgesetze auslaufen und vom Landtag erneut beschlossen werden müssen. Auch hier fordert Al-Wazir ein Signal, dass die Linken zu einer konstruktiven Mitarbeit grundsätzlich bereit sind.

Bislang aber ist die hessische Linke uneins, wie weit man SPD und Grünen in der Sachpolitik entgegenkommen soll. Während die Fraktion der Linken im Wiesbadener Landtag in den vergangenen Tagen bestrebt war, beruhigende Signale auszusenden, setzen Teile der Partei unverhohlen auf Konflikt. Als wichtige nächste Wegscheide gilt daher der Landesparteitag Ende August. Sollten sich hier die Befürworter einer Fundamentalopposition durchsetzen, wäre das Abenteuer Linksbündnis beendet, noch bevor es richtig begonnen hat.

(ap)
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