Kommentar Die SPD geht auf Selbstmord-Kurs

Düsseldorf (RP). Am 16. Juni 2007 erklärte die SPD-Spitzenkandidatin bei der hessischen Landtagswahl, Andrea Ypsilanti: "Meine Aussage ist sehr eindeutig: Es gibt keine Koalition mit Links."

Ypsilantis Koalitionspoker in Hessen
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Am 2. Januar 2008 erklärte Frau Ypsilanti: "Bei meinem Nein zu Rot-Rot bleibt es auch nach dem Wahlabend. Garantiert."

Am 4. März - sechs Wochen nach dem Patt bei der Wahl - erklärte Frau Ypsilanti: "Es wird vielleicht so ausgehen, dass ich ein Versprechen nicht halten kann, nämlich nicht mit den Linken zu sprechen und mich nicht von den Linken wählen zu lassen."

Am 7. April erklärte Frau Ypsilanti: "Natürlich tut es dann weh, wenn man ein Versprechen brechen muss. Ich glaube aber, dass unseren Wählern die Inhalte am wichtigsten waren."

Gestern schwor Frau Ypsilanti den Landesvorstand der hessischen SPD darauf ein, in Wiesbaden eine rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden, die von der so genannten Linkspartei unterstützt wird.

Darf man die mögliche neue hessische Ministerpräsidentin eine Lügnerin nennen? Man weiß jedenfalls nicht, was einen zorniger machen sollte: der Wortbruch der Frau Ypsilanti oder die drohende Lähmung einer wirtschaftsfördernden und zukunftsträchtigen Politik im Industrieland Hessen.

Ypsilanti stellt ihre persönliche Machtoption über das Wohl des Landes. Bei Neuwahlen, das belegen die aktuellen Umfragen, hätte sie keine Chance mehr gegen CDU-Amtsinhaber Roland Koch. So setzt sie alles auf die rot-rot-grüne Karte. Ihre Kalkulation rechnet mit der Vergesslichkeit der Wähler, der Sozialnostalgie mancher Teile der Gesellschaft und der Unterstützung des linken SPD-Mainstreams.

Die Wowereits und Nahles in der SPD sehen Hessen als Testfall für die Zeit nach der Bundestagswahl 2009. Schon einmal, bei Rot-Grün 1985, war Hessen das Labor für einen Machtwechsel im Bund. Diesmal allerdings ist die Situation für die SPD wenig komfortabel. Der potentielle Bündnispartner Linkspartei mit seinem Chefdemagogen Lafontaine bestimmt die politische Agenda mit und hat die Sozialdemokraten in der öffentlichen Wahrnehmung längst in die Rolle eines Juniorpartners gedrückt.

So geht es in Hessen nicht nur um die Zukunft eines wichtigen Bundeslandes, sondern um nicht weniger als die Zukunft der ihres Selbstbewusstseins beraubten SPD. Setzte sich Ypsilanti durch, dürfte das eine Vorentscheidung in der Frage der Kanzlerkandidatur bedeuten. Jedenfalls scheint es unvorstellbar, dass Außenminister Frank-Walter Steinmeier als erklärter Gegner der Linkspartei weiter als Kandidat zur Verfügung stünde. Somit wird erklärlich, warum SPD-Chef Kurt Beck sich ein Bundestagsmandat sichern will. Er könnte der Lückenfüller werden, falls Steinmeier hinwirft. Man könnte auch sagen: Eine SPD auf Ypsilanti-Kurs ist bereit, politisch Selbstmord aus Angst vor dem Tode zu begehen.

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