Kolumne: Frauensache Schluss mit veralteten Frauenbildern!

Die moderne Rollenverteilung ist anstrengend und kompliziert - für Männer und für Frauen. Aber das ist noch lange kein Grund, sich nach der guten alten Zeit zu sehnen.

Franz Josef Wagner ist ein älterer Herr, der sein Geld mit dem Schreiben von Briefen verdient. "Post von Wagner" heißt seine Kolumne in der "Bild"-Zeitung, und im Laufe der Jahre hat Wagner schon so ziemlich jedem und allem geschrieben. Dem "Sex im Schwimmbad" zum Beispiel (Zitat: "Das Tschilpen der Vögel, das Quäken der Frösche, das Röhren der Hirsche - alles Sex"), der "Sonnenfinsternis" (Zitat: "Wer schiebt den Mond vor die Sonne, wer hat so viel Macht, über Tag und Nacht zu bestimmen?") oder dem "Fußball" (Zitat: "Fußball ist größer als Himbeereis, größer als Käsekuchen, fast größer als der Führerschein").

In der Branche wird Franz Josef Wagner "Gossen-Goethe" genannt, und so alt wie Goethe ist auch Wagners Frauenbild. Vor wenigen Tagen bekam nämlich die "liebe Familienpolitik" Post von ihm. Wagner beklagte die niedrige Geburtenrate in Deutschland: "Was ist aus unseren Müttern geworden? Sie sind Business-Frauen, Power-Frauen, sie trinken Smoothies, sie laufen sich im Fitness-Center ihr Fett ab, sie sind Chefredakteurinnen, sie sitzen im Aufsichtsrat."

Mehr Klischee geht kaum. Zumal die Wirklichkeit eine andere ist: In Chefredaktionen und Aufsichtsräten sind Frauen eine Minderheit. Doch die wenigen, die es dorthin geschafft haben, reichen offenbar für Wagners Wehklagen aus. Ist es nur die Sehnsucht nach dem Damals, als püriertes Obst und Gemüse noch nicht Smoothie hießen und von kalorienzählenden Erwachsenen getrunken wurden, sondern einfach nur Brei waren, der an Kleinkinder verfüttert wurde? Jenes Damals, als es draußen nur Kännchen gab und die Rollenbilder von Mann und Frau so klar und unumstößlich waren wie die Filterkaffeeausschankregeln in der Gastronomie?

Heute ist es komplizierter, sowohl das mit dem Kaffee, als auch die Sache mit der Rollenverteilung. Dass Frauen beruflich alle Wege offenstehen und dass Muttersein und Berufstätigkeit sich nicht ausschließen, ist mittlerweile öffentlicher Konsens. Nun geht es um die Ausgestaltung, und da sind wir gesellschaftlich und arbeitsmarktpolitisch noch in der Findungsphase. Vätermonate, Teilzeitmodelle und Frauenquote sind Versuche, eine neue Balance von Familie und Job zu schaffen - für Frauen und für Männer. Das ist anstrengend und kompliziert. Vielleicht sehnen sich deshalb einige nach der guten alten Zeit. Oder wie Franz Josef Wagner sagt: "Das Baby ist nicht mehr das Baby, so wie ich es erlebte, als ich ein Baby war." Um im Babyjargon zu bleiben: gaga!

Ihre Meinung? Schreiben Sie unserer Autorin: kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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