Laufzeitverlängerung um 10 bis 15 Jahre? Koalitionsgipfel soll Atom-Streit beenden

Berlin (RPO). Der Streit über längere Laufzeiten von Atomkraftwerken soll am Sonntag auf einem Koalitionsgipfel beigelegt werden. In Regierungskreisen hieß es am Donnerstag, an dem Treffen bei Bundeskanzlerin Angela Merkel sollten neben den zuständigen Ministern auch die Spitzen der Parteien und der Fraktionen von Union und FDP teilnehmen. Merkel favorisiert eine Laufzeitverlängerung der Kernkraftwerke von zehn bis 15 Jahre.

Merkel trifft Atombosse im AKW Lingen
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Bereits am Donnerstag hatte es ein weiteres Spitzentreffen zur Energiepolitik gegeben. Dazu kamen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) und Umweltminister Norbert Röttgen (CDU) mit Merkel zusammen. Brüderle hatte im Vorfeld erklärt, er hoffe, nach dem Wochenende klarer zu sehen.

Zügige Entscheidung

Vizekanzler und FDP-Chef Guido Westerwelle sagte in einem Video-Interview mit der Mediengruppe Madsack: "Ich gehe fest davon aus, dass die Entscheidungen auch zügig möglich sind." Die Debatte über die Laufzeiten "muss die Union mit sich selbst aus- und abmachen".

In den Gesprächen spielt auch die Forderung von Röttgen eine Rolle, dass die Atomkraftwerke technisch nachgerüstet werden sollen, unter anderem gegen den Absturz von Flugzeugen. Das steht in dem Energiegutachten der Regierung. Röttgen verlangt bei vier Jahren Laufzeitverlängerung für die 17 Atomkraftwerke zusammen Investitionen von 6,2 Milliarden Euro. Bei einer Laufzeit von zwölf Jahren ergeben sich Investitionen von 20,3 Milliarden Euro. Bei 20 Jahren würden 36,2 Milliarden und bei 28 Jahren sogar 49,8 Milliarden Euro für Nachrüstungen fällig.

Umwelthilfe fordert Wende in der Energiepolitik

Die Deutsche Umwelthilfe forderte unterdessen eine Wende in der Energiepolitik von Union und FDP. Die beiden Parteien sollten "nicht länger als Lordsiegel-Bewahrer der marktbeherrschenden Atomkonzerne auftreten". Die monatelang angekündigten Energieszenarien hätten bewiesen, dass Laufzeitverlängerungen von Atomkraftwerken nicht die ökonomischen und ökologischen Vorteile erbrächten, die die Regierung versprochen habe.

Die energiepolitische Sprecherin der Linksfraktion, Dorothée Menzner, erklärte: "Energiepolitische Gutachten scheinen der Bundesregierung erst dann etwas wert zu sein, wenn sie den Interessen der Atomlobby zumindest nicht entgegenstehen. Diese Starrsinnigkeit und Inkompetenz wird das Land direkt in eine Versorgungskrise bei Strom führen." Sie erwarte, dass der Vorrang der erneuerbaren Energien gekippt und Windkraft- und Solaranlagen abgeschaltet werden, damit es wegen des Atomstroms nicht zu Überlastungen der Netze komme. "Atomstrom ist keine Brücke in die Zukunft, sondern ein Bremsklotz für die erneuerbaren Energien", sagte sie.

(apd)
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