Liberalen droht Millionen-Strafe FDP holt Spenden-Affäre um Möllemann ein

Düsseldorf/Leipzig · Zehn Jahre ist Jürgen Möllemann bereits tot. Jetzt holt die Parteispenden-Affäre des früheren Landesparteichefs die NRW-FDP mit aller Konsequenz ein: Sie bereitet sich auf eine millionenschwere Strafe vor –- eine Belastung im Wahlkampf.

Chronologie der Ereignisse im Fall Jürgen W. Möllemann 2003
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Die Ereignisse im Fall Jürgen W. Möllemann

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Zehn Jahre ist Jürgen Möllemann bereits tot. Jetzt holt die Parteispenden-Affäre des früheren Landesparteichefs die NRW-FDP mit aller Konsequenz ein: Sie bereitet sich auf eine millionenschwere Strafe vor —- eine Belastung im Wahlkampf.

Wird die Spendenaffäre des früheren FDP-Spitzenpolitikers Jürgen Möllemann für die Partei ausgerechnet im Bundestagswahljahr zum Millionengrab? Zehn Jahre nach dem tödlichen Fallschirm-Absprung des langjährigen "Enfant terribles" der Freidemokraten will das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag in dritter Instanz über die Höhe der Strafe entscheiden. Klar ist: Die Affäre um verdeckte und gestückelte Spenden, die Möllemann heimlich seinem nordrhein-westfälischen Landesverband unterjubelte, wird die FDP über Jahre belasten.

Beim FDP-Landesparteitag appellierte ihr Schatzmeister Alexander Graf Lambsdorff an die Solidarität der Basis: "Wir stehen gemeinsam dafür ein und wir werden das stemmen." Seit Jahren erhebt die NRW-FDP von jedem ihrer derzeit rund 14.500 Mitglieder eine monatliche Umlage von 1,50 Euro, um die Belastung zu bewältigen. Niemand wehrt sich dagegen — viele leisten laut Rechenschaftsbericht des Schatzmeisters über ihre Mitgliedsbeiträge hinaus einen Obolus, um das unrühmliche Kapitel möglichst schnell abschließen zu können.

FDP bereit, zu zahlen

Zwar ist die Partei bereit, den von ihrem Ex-Landesvorsitzenden eingefädelten Verstoß gegen das Parteiengesetz mit einer Strafe zu sühnen — gegen die vom Bundestagspräsidenten verfügte Höhe wehrt sie sich aber seit Jahren durch alle gerichtlichen Instanzen. Nach Überzeugung der Justiz hat der damalige NRW-Parteichef Möllemann seinem Landesverband wischen 1996 und 2002 zehn Sach- und Barspenden über insgesamt 2,2 Millionen Euro zukommen lassen, die rechtswidrig erlangt oder nicht nach den Vorschriften des Parteiengesetzes veröffentlicht worden waren.

Zuletzt kam in zweiter Instanz auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg im November 2011 zu diesem Urteil. Der Bundestagspräsident hatte deswegen 2009 eine Strafzahlung in Höhe von 4,3 Millionen Euro gegen die FDP verhängt. 873.000 Euro hat die Partei bereits vorsorglich an die Bundestagsverwaltung weitergeleitet. Gegen die restliche Zahlungsverpflichtung klagt sie nun in der letzten fachgerichtlichen Instanz in Leipzig.

Klägerin ist formal die Bundespartei. Sie sieht ihren Anteil an der Aufklärung nicht angemessen berücksichtigt und findet die Strafe auch im Vergleich zu anderen Spendenaffären zu hoch. Gericht und Partei gehen davon aus, dass die Entscheidung am Mittwoch direkt im Anschluss an die mündliche Verhandlung fallen wird.

"In Kampagnenfähigkeit nicht beeinträchtigt"

Im vergangenen Jahr hat der FDP-Landesverband laut Lambsdorff bereits 748.000 Euro für Strafzahlungen, Gerichts- und Anwaltskosten in der Affäre Möllemann aufbringen müssen. Rund 2,7 Millionen Euro planen die NRW-Liberalen vorsorglich ein. "Wir sind in unserer Kampagnenfähigkeit nicht beeinträchtigt", versicherte Lambsdorff der Parteibasis.

Nach den vielfältigen Affären Möllemanns, die ihn 2003 zum Austritt zwangen, versucht die FDP inzwischen, ihren Frieden mit dem streitbaren Ausnahmepolitiker zu machen. Möllemann, der zuletzt als fraktionsloser Abgeordneter isoliert im Düsseldorfer Landtag saß, wird nicht mehr verteufelt oder tabuisiert. Im FDP-Fraktionssaal hängt sein Bild, ebenso wie in den Abgeordnetenfluren — neben denen anderer FDP-Größen.

Die Nachfolger in Landespartei und Landtagsfraktion feilen seit Jahren beharrlich an einem neuen Image. Während Möllemann mit seinen Kontakten zu vermögenden Spendern im In- und Ausland für die "Bonzen-Partei" stand, schärfen nun Landesparteichef Christian Lindner und seine Führungsspitze das Image der Mittelstandspartei.

Erstmals bei einer Landespartei zeigte Lambsdorff jetzt öffentlich Grafiken zum Spendenaufkommen. Die meisten Spenden seien in kleiner bis mittlerer Höhe und kämen nicht von Unternehmen, sondern von Personen, die nicht einmal der FDP angehörten, so der Schatzmeister.

(dpa/nbe/csr/das)
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