Fotos Die Ereignisse im Fall Jürgen W. Möllemann

Am 5. Juni 2003 sprang Jürgen Möllemann mit dem Fallschirm in den Tod. In den Monaten davor war er unter Druck geraten. Eine Chronologie.

15. März 2002: Der nordrhein-westfälische Grünen-Politiker Jamal Karsli wirft in einer Pressemitteilung der israelischen Armee vor, gegen die Palästinenser "Nazi-Methoden" anzuwenden.
23. April 2002: Nach heftiger Kritik an seinen Äußerungen teilt Karsli der überraschten Grünen-Fraktion im Düsseldorfer Landtag seinen Austritt mit. Er kündigt zugleich an, in die FDP eintreten zu wollen.

16. Mai 2002: Karsli wird von der nordrhein-westfälischen FDP als Mitglied aufgenommen. Der Beitritt löst bei vielen Liberalen Entsetzen und Proteste aus. Der Zentralrat der Juden fordert die FDP auf, Karsli aus der Partei auszuschließen.
17. Mai 2002: Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth stellt wegen Volksverhetzung, übler Nachrede und Verleumdung Strafantrag gegen Möllemann.
18. Mai 2002: FDP-Chef Guido Westerwelle fordert Karsli auf, die FDP wieder zu verlassen. Die FDP-Ehrenvorsitzenden Hans-Dietrich Genscher und Otto Graf Lambsdorff stellen sich gegen Möllemann.

22. Mai 2002: Karsli verzichtet auf einen Beitritt zur FDP, bleibt aber Mitglied der Düsseldorfer Landtagsfraktion der Liberalen. Möllemann verbindet seine Stellungnahme zu Karslis Verzicht erneut mit scharfer Kritik: "Ich wiederhole meinen leider gefestigten Eindruck, dass die Politik von Herrn Scharon und der unerträgliche, aggressiv-arrogante Umgang von Herrn Friedman mit jedem Scharon-Kritiker leider geeignet sind, antiisraelische und antisemitische Ressentiments zu wecken."

25. Mai 2002: Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, wertet Möllemanns Erklärung, Juden seien mit ihren Äußerungen selbst für Antisemitismus verantwortlich, als "die größte Beleidigung, die eine Partei in der Geschichte der Bundesrepublik nach dem Holocaust ausgesprochen" habe.

2. Juni 2002: Westerwelle bekräftigt das Festhalten seiner Partei an seinem Stellvertreter.
6. Juni 2002: Möllemann gibt den Verzicht Karslis auf Mitarbeit in der FDP-Fraktion bekannt. Außerdem entschuldigt sich der nordrhein-westfälische FDP-Chef für seine Angriffe: "Diese Äußerung im Zorn habe ich als Fehler öffentlich bedauert. Sollte ich damit die Empfindungen jüdischer Menschen verletzt haben, möchte ich mich bei diesen entschuldigen."

17. September 2002: Möllemann greift Friedman fünf Tage vor der Bundestagswahl in einem israelkritischen Flugblatt mit Millionenauflage erneut scharf an. FDP-Chef Westerwelle nennt das Vorgehen Möllemanns im Wahlkampf "nicht vernünftig".
22. September 2002: Mit 7,4 Prozent der Zweitstimmen bleibt das Ergebnis der FDP bei der Bundestagswahl deutlich hinter den Erwartungen zurück.

23. September 2002: Möllemann erklärt seinen Rücktritt vom Amt des stellvertretenden FDP-Vorsitzenden.
24. September 2002: Die Altliberale Hildegard Hamm-Brücher tritt wegen der Möllemann-Affäre aus der FDP aus.

20. Oktober 2002: Möllemann erklärt seinen sofortigen Rücktritt als Partei- und Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen.
24. Oktober 2002: Die Bundespartei verklagt Möllemann auf Preisgabe seiner anonymen Geldquelle für 840.000 Euro.
29. Oktober 2002: Die FDP-Bundestagsfraktion verweigert Möllemann einen Platz in einem der Bundestagsausschüsse.

4. November 2002: Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf leitet gegen Möllemann ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes auf Verstoß gegen das Parteiengesetz ein.
20. November 2002: Möllemann lässt der Staatsanwaltschaft Düsseldorf erklären, dass er die umstrittene Summe selbst in Kleinbeträge gestückelt in die Parteikassen geschleust hat.

25. November 2002: Die FDP-Spitze fordert den ehemaligen Parteivize Möllemann ultimativ zum Parteiaustritt auf. Falls er die FDP nicht freiwillig bis zum 2. Dezember verlässt, werde ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet.

28. November 2002: Die Staatsanwaltschaft Münster eröffnet wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen Möllemann.
2. Dezember 2002: Die FDP vollzieht den Bruch mit ihrem früheren Vizeparteichef: Bundesvorstand und Bundestagsfraktion setzen ein Verfahren zum Ausschluss Möllemanns aus Partei und Fraktion in Gang.
9. Dezember 2002: Nach der Bundes-FDP leitet auch der Landesverband der Liberalen in Nordrhein-Westfalen ein Parteiausschlussverfahren ein.

4. Februar 2003: Möllemann darf Mitglied der Landtagsfraktion seiner Partei in Nordrhein-Westfalen bleiben. Bei der Abstimmung der Abgeordneten wird die für einen Ausschluss notwendige Mehrheit von 16 Stimmen knapp verfehlt.
11. Februar 2003: Die FDP-Bundestagsfraktion schließt Möllemann mit großer Mehrheit aus.
10. März 2003: Die nordrhein-westfälische FDP-Landtagsfraktion kündigt ein neues Ausschlussverfahren gegen ihren früheren Vorsitzenden an.

13. März 2003: Möllemann stellt in München sein Buch "Klartext" vor, in dem er mit FDP-Chef Westerwelle und anderen Politikern abrechnet.
17. März 2003: Möllemann tritt aus der FDP aus.

5. Juni 2003: Die Staatsanwaltschaften Düsseldorf und Münster durchsuchen an verschiedenen Orten im Bundesgebiet Büros und Wohnräume Möllemanns. Zuvor hatte der Deutsche Bundestag die Immunität des fraktionslosen Abgeordneten einstimmig aufgehoben. Möllemann stirbt am Mittag bei einem Fallschirmsprung in der Nähe des Flughafens Loemühle bei Marl.
6. Juni 2003: Die Hinweise auf einen Selbstmord des 57-Jährigen verdichten sich. Die Staatsanwaltschaft Essen berichtet, dass der Fallschirm Möllemanns den Untersuchungen der Gutachter zufolge keine Mängel aufwies. Auch für Fremdmanipulation an den Fallschirmen gibt es keine Hinweise.

10. Juni 2003: Die Witwe Möllemanns erhebt in einer Todesanzeige schwere Vorwürfe gegen die Parteiführung der Liberalen.

13. Juni 2003: Möllemann wird in Münster im engen Familien- und Freundeskreis beigesetzt. Von der amtierenden Parteispitze der Liberalen gibt auf Wunsch der Witwe niemand dem 57-Jährigen das letzte Geleit.

9. Juli 2003: Die Staatsanwaltschaft Essen erklärt die Ermittlungen zum Tod Möllemanns für im Wesentlichen abgeschlossen. Sie schließt ein Fremdverschulden aus, kann aber nicht mit letzter Sicherheit klären, ob es sich um Selbstmord oder einen Unfall handelte.

Möllemanns Grabstein auf dem Zentralfriedhof in Münster.
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