Merkels Regierungserklärung Die Gefahr ist noch nicht gebannt

Berlin (RPO). Mit einem dramatischen Appell hat Bundeskanzlerin Angela Merkel um die Unterstützung des Parlaments für das 500-Milliarden-Euro-Paket zur Rettung des Finanzsektors geworben. "Lassen Sie es mich deutlich sagen, dass die Gefahr noch nicht gebannt ist", sagte die Kanzlerin am Mittwoch im Bundestag. Alle Fraktionen unterstützten die Rettungsaktion grundsätzlich. Doch forderte vor allem die Opposition Änderungen im Detail.

 Bundeskanzlerin Merkel wirbt im Bundestag für das 500-Milliarden-Rettungspaket.

Bundeskanzlerin Merkel wirbt im Bundestag für das 500-Milliarden-Rettungspaket.

Foto: ddp, ddp

Das Parlament beschäftigte sich in erster Lesung mit dem am Montag von der Regierung vorgelegten Rettungsplan, der bereits am Freitag endgültig in Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll. Bis dahin sollen Ausschüsse und Experten im Schnelldurchgang die Einzelheiten ausfeilen. Gleichzeitig laufen Verhandlungen mit den Ländern, die sich gegen eine allzustarke finanzielle Beteiligung an den Kosten der Krise wehren. Der Entwurf sieht bis zu 400 Milliarden Euro an Bürgschaften und 100 Milliarden an direkten Hilfen für Banken in Form von Kapitalspritzen und Bürgschaftsausfällen vor.

"Weil es Deutschland dient"

Merkel appellierte jedoch an die Verantwortung aller Beteiligten: "Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Gesetz, weil es Deutschland dient." Die Weltwirtschaft stehe vor der schwersten Bewährungsprobe seit den 20er Jahren. Der Finanzmarkt sei fast völlig gelähmt. Deshalb habe die internationale Gemeinschaft handeln müssen.

Regierung und Parlament kämen ihrer "Pflicht nach Schaden vom deutschen Volk abzuwenden". Es habe sich gezeigt, dass in der Krise der Staat die einzige Instanz sei, Vertrauen wieder herzustellen. Die CDU-Politikerin wiederholte, das Paket diene nicht zur Rettung einzelner Banken, sondern "dem Schutz der Bürgerinnen und der Bürger".

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück räumte ein, dass die Konjunktur sich eintrübe: "Machen wir uns nichts vor, wir werden in eine sehr schwierige Phase 2009 hineingehen." Das Rettungspaket bezeichnete auch der SPD-Politiker als unverzichtbar. "Wenn es auf dem Finanzmärkten brennt, muss gelöscht werden, auch wenn es sich um Brandstiftung handelt", betonte der Minister.

Gesetzentwurf in Teilen "Murks"

Redner von FDP, Linken und Grünen machten deutlich, dass sie das Bemühen der Regierung um Rettung der Finanzbranche grundsätzlich unterstützen. Man bekenne sich aus "patriotischer Verantwortung" zu diesem Ziel, sagte FDP-Fraktionschef Guido Westerwelle. Linksfraktionschef Oskar Lafontaine meinte: "Was Sie technisch hier machen, ist in der Sache nicht zu kritisieren."

Alle Oppositionspolitiker forderten aber auch Änderungen an dem Paket und weiter gehende Initiativen. In Teilen sei der Gesetzentwurf "Murks", sagte Grünen-Fraktionsvorsitzender Fritz Kuhn. "Wir haben um das Ob nicht zu streiten, aber wir haben um das Wie zu streiten."

Vor allem verlangte Kuhn mehr Mitspracherechte und Kontrolle des Parlaments über die Vergabe von bis zu 100 Milliarden Euro aus dem Fonds zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Westerwelle sagte ebenfalls: "Wir können Ihnen keinen Blankoscheck hier ausstellen, das müssen Sie wissen." Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider machte deutlich, dass hier auch Koalitionsabgeordnete Korrekturen wünschten.

Lafontaine mahnte neben dem Rettungspaket auch grundsätzlichere Änderungen an, unter anderem eine Erhöhung der Renten und Hartz-IV-Bezüge. "Es handelt sich hier um eine Krise der Demokratie und eine Krise der Wirtschafts- und Sozialordnung", sagte Lafontaine.

(afp2)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort