500-Milliarden-Rettungspaket Bundestag geht in Schnellberatungen

Berlin (RPO). Bundeskanzlerin Angela Merkel will heute vor dem Bundestag eine Regierungserklärung zum Rettungspaket für die Finanzmärkte abgeben. Damit eröffnet sie die parlamentarische Beratung des Gesetzes, das bis Ende der Woche im Eilverfahren von Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden soll.

Fragen zum Rettungspaket der Bundesregierung
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An die Regierungserklärung von Merkel schließt sich die erste Lesung an. Die zweite und dritte Lesung ist für Freitagmorgen angesetzt. Danach tritt der Bundesrat zu einer Sondersitzung zusammen. Stimmt die Länderkammer zu, wird das Gesetz sofort dem Bundespräsidenten vorgelegt, damit es noch in dieser Woche in Kraft treten kann.

Länder beharren auf Nachbesserungen

Die Länder beharren allerdings noch auf Nachbesserungen, um ihre finanzielle Belastung zu begrenzen. Sie wehren sich dagegen, dass sie nicht nur 35 Prozent des Gesamtpakets schultern sollen, sondern auch die Lasten für ihre notleidenden Landesbanken und Sparkassen.

Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist zeigt sich unterdessen zuversichtlich, dass der Streit mit den Bundesländern über ihre Beteiligung am Rettungspaket für die Banken bis Freitag beigelegt wird. "Die Länder wissen, dass sie die gleiche Verantwortung wie der Bund tragen, so schnell wie möglich Klarheit zu schaffen", sagte Steinbrück.

Er kündigte an, dass bei den Gesprächen der Ministerpräsidenten am Donnerstag mit der Bundeskanzlerin nach Lösungen gesucht werde. Es gebe noch Gesprächsbedarf über die Art der Beteiligung, so der SPD-Politiker, "aber ich bin sicher, bis Freitag haben wir uns geeinigt".

Experten: Bundesländer lassen sich Zustimmung teuer bezahlen

Einige Bundesländer werden sich ihre Zustimmung zum Banken-Rettungsplan des Bundes nach Experteneinschätzung teuer bezahlen lassen. "Da wird in den nächsten Tagen möglicherweise noch über die eine oder andere Finanzzusage gefeilscht", sagte Henrik Scheller, Föderalismus-Experte der Bertelsmann-Stiftung. Zum Beispiel könnten einige Länder anlässlich des geplanten Bildungsgipfels im Oktober Geld für das Bildungssystem einfordern.

Trotz des Streits um die Verteilung der Belastungen sei ein Scheitern des Notplans im Bundesrat aber nicht wahrscheinlich, sagte Scheller. "Die Landesregierungen stehen vor allem unter moralischem Druck, dem Paket zuzustimmen", betonte er.

Bund und Länder streiten darüber, wer sich in welcher Höhe an dem 500-Milliarden-Euro-Paket zur Rettung der deutschen Finanzbranche beteiligen soll. Nach dem Willen von Steinbrück sollen die Landesregierungen mögliche Verluste zu 35 Prozent mittragen. Die Länder stimmen der Notwendigkeit des Pakets zwar zu, lehnen aber eine Doppelbelastung ab. Einige Länder sind schon für Landesbanken mit Hilfen in die Bresche gesprungen.

Der hessische Grünen-Vorsitzende Tarek Al-Wazir forderte eine "Mitbeteiligung für die Länder", wenn ihr Geld zur Rettung der Finanzmärkte eingesetzt wird. Er halte es "grundsätzlich für akzeptabel", dass die Länder an dem Rettungspaket der Bundesregierung beteiligt werden. Allerdings könne es nicht sein, "dass die Länder nur zahlen sollen". Sie müssten im Fall einer "klugen Verstaatlichung im Notfall" auch beteiligt werden, sagte der Grünen-Politiker.

Steinbrück fordert Begrenzung der Gehälter

Steinbrück hält 500 000 Euro Jahresgehalt für Vorstandsmitglieder einer Bank, die staatliche Unterstützung durch den Finanzmarktstabilisierungsfonds in Anspruch nimmt, als Obergrenze für angemessen. "Es muss da zu starken Anpassungen kommen", sagte er. Bonuszahlungen dürfe es in der Unterstützungsphase durch den Steuerzahler außerdem ebenso wenig geben wie Dividendenausschüttung für die Aktionäre. Dieses Geld solle zur "Verbesserung der Lage des Unternehmens" genutzt werden, betonte Steinbrück.

Als Teilverstaatlichung von Banken will der Finanzminister die staatliche Hilfe in der "größten Finanzkrise seit Ende der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts" indes nicht werten: "Wir helfen Banken, die Hilfe brauchen", sagte er. Wenn der Staat sich mit Steuergeld stabilisierend einbringe, könne er erwarten, dass er Gegenleistungen erhalte. "Diese Gegenleistungen sind Aktien, Vorzugsaktien, stille Beteiligungen oder Einlagen. Das halte ich für berechtigt, empfinde ich aber nicht als Verstaatlichung", sagte der Minister.

Krise wirkt sich nicht auf Einzelhandel aus

Die Finanzkrise wirkt sich bisher offenbar nicht auf den Einzelhandel aus. "Wir spüren nicht, dass sich die Verbraucher durch die Krise stärker zurückhalten als sonst", sagte Hubertus Pellengahr, Geschäftsführer im Hauptverband des Deutschen Einzelhandels. "Seit Spätsommer verzeichnen wir sogar eine kleine Belebung. Beim Weihnachtsgeschäft könnte es im Vergleich zum Vorjahr sogar ein leichtes Plus geben", sagte Pellengahr.

(ap)
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