Zoff um Finanztransaktionssteuer Die FDP droht mit dem Äußersten

Berlin · Die FDP sieht sich von Kanzlerin Merkel bei der Finanztransaktionssteuer überfahren. Tags darauf warnten liberale Spitzenpolitiker die Regierungschefin vor einem Alleingang. Andernfalls sei der Koalitionsfriede bedroht. SPD und Linke warnen die Kanzlerin davor, sich den Liberalen zu beugen.

Zoff um Finanztransaktionssteuer: Die FDP droht mit dem Äußersten
Foto: dapd, Nigel Treblin

Überlegungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Abgabe auf Börsengeschäfte zunächst nur in der Euro-Zone einzuführen, stoßen in der FDP-Spitze auf Ablehnung. Vizekanzler Philipp Rösler besteht darauf, dass die Steuer EU-weit gilt.

Merkel hatte am Montag nach einem Treffen mit Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy erklärt, sie persönlich könne sich die Finanztransaktionssteuer auch auf Ebene der Euro-Länder vorstellen. Allerdings gebe es dazu noch keine Einigung in der Bundesregierung. Eine Einführung der Steuer auf Ebene der 27 EU-Länder wäre besser, fügte die CDU-Chefin hinzu.

Unterstützung bekam sie von CSU-Chef Horst Seehofer. "Manche Dinge können auch nur von den 17 Euro-Staaten gemacht werden. Wir sollten die Finanztransaktionssteuer jetzt endlich einführen, da ist lang genug diskutiert worden", sagte er der "Passauer Neuen Presse".

"Alleingänge bringen uns in der Sache nicht weiter"

FDP-Chef Rösler dagegen sagte der "Frankfurter Rundschau": "Ich bleibe dabei, eine solche Steuer muss für alle EU-Staaten gelten, nicht nur für die Euro-Staaten." Sonst führe die Abgabe zu Wettbewerbsverzerrungen und belaste den Finanzstandort Deutschland.

FDP-Finanzexperte Hermann Otto Solms verschärfte drastisch die Tonlage: Koalitionsabsprachen könnten nur gemeinsam verändert und nicht einseitig aufgekündigt werden.

Sonst wäre die Funktionsfähigkeit jeder Koalition in ihrem Kern berührt. Es gebe klare Vereinbarungen, an die man sich zu halten habe, mahnte Solms. Es gebe klare Vereinbarungen, an die man sich zu halten habe, mahnte der Politiker im "Handelsblatt".

Schäffler: Gefahr für Europa

Der liberale Abgeordnete Frank Schäffler sieht in Merkels Überlegungen gar eine Gefahr für Europa. "Die Finanztransaktionsteuer darf Europa nicht erneut spalten und Schweden und Großbritannien ausgrenzen, die dezidiert gegen diese Steuer sind", sagte er "Handelsblatt Online".

Dagegen riet Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki seiner Partei, den Ablehnungskurs aufzugeben. "Die Finanztransaktionssteuer muss kommen", sagte er der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwochausgabe). "Ich halte es nicht für klug, in dieser Frage einen Konflikt mit der Union aufzubauen." Es sei aber "klug, sinnvolle eigene Schritte einzuleiten, die es vielleicht auch Großbritannien ermöglichen, in absehbarer Zeit einer Finanztransaktionssteuer für den gesamten EU-Raum beizutreten".

Linke spricht von Interessen des Landes

Die Linke forderte Merkel auf, ihre Pläne gegen den Widerstand der FDP-Spitze umzusetzen. Alle anderen Parteien im Bundestag seien für die Steuer und die Linke werde im Parlament "für die Einführung stimmen", sagte die Parteivorsitzende Gesine Lötzsch. "Merkel sollte die Interessen des Landes vor den Koalitionsfrieden stellen."

SPD-Fraktionsvize Hubertus Heil fragte in Berlin: "Wie will Frau Merkel die Finanztransaktionssteuer in der Euro-Zone voranbringen, wenn sie nicht einmal in der Lage ist, diese Position gegenüber ihrem schwächelnden Koalitionspartner durchzusetzen?" Die Steuer sei "dringend notwendig".

Der Vorsitzende der sozialistischen Fraktion im EU-Parlament, Martin Schulz, erklärte, die Abgabe könne nicht ständig weggeschoben werden mit dem Argument, dass zu wenige Staaten bereit seien mitzumachen. "Wenn die Euro-Länder die Finanztransaktionssteuer einführen, werden die USA das erste Land sein, das nachzieht", sagte der SPD-Politiker der "Passauer Neuen Presse".

Das globalisierungskritische Netzwerk Attac lobte Merkel für ihre Überlegungen. "Das ist ein großer Fortschritt", sagte Attac-Experte Detlev von Larcher der "Frankfurter Rundschau".

(APD/dpa)
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