Bundespräsident Steinmeier „Der Spaziergang hat seine Unschuld verloren“

Berlin · Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in der gesellschaftlichen Debatte um die Corona-Maßnahmen Hass und Gewalt verurteilt. In einer Gesprächsrunde im Schloss Bellevue ging er auch ganz direkt auf die sogenannten “Spaziergänge“ der Gegner der Corona-Maßnahmen ein.

 Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht im Schloss Bellevue mit Gästen aus Medizin, Kommunalpolitik, Polizei und Zivilgesellschaft.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht im Schloss Bellevue mit Gästen aus Medizin, Kommunalpolitik, Polizei und Zivilgesellschaft.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

„Wer sich gegen unser Recht stellt und sich mit selbst erklärten Staatsfeinden und verfassungsschutzbekannten Rechtsextremisten gemein macht, der kann sich nicht mehr glaubwürdig auf Demokratie und Freiheit berufen“, sagte Steinmeier am Montag bei einer Gesprächsrunde mit Gästen aus Medizin, Kommunalpolitik, Polizei und Zivilgesellschaft in Berlin.

Mit Blick auf die zahlreichen unangemeldeten Demonstrationen von Gegnern der Corona-Maßnahmen in den vergangenen Monaten sagte der Bundespräsident: „Der 'Spaziergang' hat seine Unschuld verloren.“ Die rote Linie verlaufe genau da, „wo Gewalt ins Spiel kommt“. Dies gelte auch für die Meinungsfreiheit: „Wir brauchen sie, wir schützen sie.“ Meinungsfreiheit sei nie bequem. Gewalt- oder gar Mordaufrufe gehörten aber nicht dazu, sagte Steinmeier in der Diskussionsrunde im Schloss Bellevue unter dem Titel „Hass und Gewalt in Zeiten der Pandemie“.

Weiter sagte Steinmeier, es sei perfide, wenn die heutigen Protestierer gegen Corona-Maßnahmen sich „auf die mutigen Ostdeutschen von 1989“ berufen. „Und die Selbstinszenierung als Opfer mit gelben Stern - das ist eine Bagatellisierung des Antisemitismus und eine Verhöhnung der jüdischen Opfer des Holocaust“, fügte Steinmeier hinzu.

 „Jede gewaltsame Eskalation ist eine zu viel. Denn es geht nicht nur um die Missachtung von Versammlungsrecht oder Hygieneregeln. Es geht um die Missachtung des sozialen Friedens in unserem Land. Hass und Gewalt zerstören das Fundament unseres Miteinanders.“

Das Staatsoberhaupt warnte vor einer Verharmlosung der Vorgänge. „Die Gefahr ist real, und sie ist konkret.“ Hygieneregeln und Corona-Auflagen würden bewusst umgangen, Arztpraxen und Impfbusse attackiert, die Wohnhäuser von Politikern, insbesondere Kommunalpolitikern, belagert, Polizeikräfte gezielt verletzt, Journalisten angefeindet. Morddrohungen machten Schlagzeilen.

Die Versammlungsfreiheit sei ein hohes Gut, betonte Steinmeier. Das Gleiche gelte für die Meinungsfreiheit. „Aber ein Gewaltaufruf, ein Mordaufruf gar, das ist nicht Wahrnehmung von Meinungsäußerung.“

(felt/epd)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort