Sparpaket über 14 Milliarden Euro verabschiedet Athen macht endlich Weg für Hilfe frei

Die griechische Regierung verabschiedete nach langem Poker ein Sparpaket über 14 Milliarden Euro. Die Renten will sie aber nicht kürzen. Die Euro-Finanzminister zögern noch, die Milliarden-Hilfe freizugeben. Die EZB erwägt, 15 Milliarden Euro durch Buchungstricks beizusteuern.

athen/brüssel Das hoch verschuldete Griechenland hat eine entscheidende Hürde für neue Hilfen genommen: Nur wenige Stunden vor einer Krisensitzung der Euro-Finanzminister stimmten die Spitzen der drei Regierungsparteien in Athen gestern endlich dem von der EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) geforderten Sparpaket zu. Die Nachricht sorgte für einen Kursschub an den Börsen. Die Troika der Geldgeber hatte die Einigung zur Vorbedingung für ein zweites Rettungspakt gemacht. Doch noch immer sind Fragen offen. Daher zögerten die Euro-Finanzminister gestern Abend, grünes Licht für neue Hilfs-Milliarden zu geben. "Die Bedingungen sind noch nicht erreicht, deswegen muss weitergearbeitet werden", sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble.

EU und IWF verlangen unter anderem, dass zunächst die Sparbeschlüsse auch per Gesetz umgesetzt werden. Das griechische Parlament dürfte am Sonntag zusammenkommen, um die Beschlüsse zu fassen. Auch die geforderte schriftliche Spar-Verpflichtung der griechischen Regierungs-Parteien lag gestern Abend noch nicht vor. Die Unzufriedenheit mit den Spitzenpolitikern in Athen sei in Berlin sehr groß, hieß es in deutschen Regierungskreisen. "Es ist nun an der griechischen Regierung, die europäischen Partner zu überzeugen, dass das neue Paket funktionieren kann", mahnte auch EU-Währungskommissar Olli Rehn.

Die Zeit drängt: Griechenland braucht weitere Hilfs-Kredite, sonst ist es am 20. März pleite. Denn dann werden Kredite (Staatsanleihen) im Umfang von 14,5 Milliarden Euro fällig. Dennoch leisteten sich die Athener Parteien — die anstehenden Neuwahlen fest im Blick — einen tagelangen Verhandlungspoker. Bis zum Schluss blieb eine Lücke von 300 Millionen Euro. Die Forderung der Troika, diese Lücke über die Senkung von Zusatzrenten zu füllen, lehnte Athen endgültig ab. Nun soll die Summe über Einsparungen in anderen Bereichen aufgebracht werden. Das schürt erneut das Misstrauen der Geldgeber.

Klar ist dies: Die griechische Regierung will in diesem Jahr 3,1 Milliarden Euro einsparen, das sind 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Bis 2015 sollen 14 Milliarden Euro gespart werden. Der Mindestlohn im privaten Bereich soll dafür um 22 Prozent von heute 751 Euro brutto auf 586 Euro verringert werden. Alle Löhne in der Privatwirtschaft sollen so lange eingefroren werden, bis die Arbeitslosenquote von derzeit knapp 21 Prozent auf zehn Prozent gefallen ist. Noch in diesem Jahr müssen 15 000 Staatsbedienstete gehen, bis 2015 sollen 150 000 entlassen werden.

Athens Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis sieht durch das Sparpaket den sozialen Frieden in Gefahr. Das Land drohe von der Rezession in eine Depression zu gleiten. "Das wird zu einem großen Knall in der Gesellschaft führen." Die griechischen Gewerkschaften rufen zu einem zweitägigen Generalstreik ab Freitag auf.

Dennoch geht der Kampf gegen die Pleite Griechenlands weiter. Nächste Hürde: der Schuldenschnitt. Es gebe eine Einigung mit den privaten Gläubigern über die "grundsätzlichen Parameter" eines solchen Forderungsverzichts, sagte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos in Brüssel. Danach sollen die privaten Gläubiger auf mehr als 70 Prozent ihrer Forderungen verzichten. Dies soll 100 Milliarden Euro bringen.

Aber das reicht nicht. Daher wird diskutiert, ob die Europäische Zentralbank aushilft. Sie hat Griechenland-Papiere zum Nennwert von 55 Milliarden Euro in ihren Büchern. Diese hatte sie von anderen Investoren gekauft und dafür nur 40 Milliarden Euro bezahlt hatte. EZB-Chef Mario Draghi deutete gestern in Frankfurt an, dass die Notenbank diese Buchgewinne an die nationalen Zentralbanken ausschütten könnte. Das Geld flösse den Mitgliedstaaten zu, die es wiederum Griechenland weiterleiten könnten. "Wenn die EZB einen Teil ihrer Gewinne an die Länder verteilt, ist das keine monetäre Finanzierung", so Draghi.

Noch ein Stolperstein auf dem holprigen Weg zur Griechenland-Rettung ist der Bundestag. Er muss neuen Griechenland-Hilfen zustimmen, tagt aber regulär erst am Monatsende wieder. Eine Sondersitzung gilt als wahrscheinlich. Heute sollen zunächst die Bundestagsfraktionen über den Stand der Brüsseler Verhandlungen informiert werden. Allerdings rechne man in der Bundesregierung inzwischen mit allem, hieß es in den Kreisen. Auch der Austritt sei ein Szenario, das heute weniger auszuschließen sei als noch vor Monaten.

(RP)
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