BMW bleibt in Deutschland

Interview Norbert Reithofer, Vorstandschef von BMW, über Innovationen in der Autoindustrie, über die Konzernmarken BMW, Mini und Rolls-Royce, die Gefahren eines Euro-Zusammenbruches für deutsche Jobs sowie über Ähnlichkeiten der Familienkonzerne BMW und Henkel.

Herr Reithofer, was ist ein gutes deutsches Auto?

Reithofer Es ist solide, hochwertig und innovativ. Und ein deutsches Premiumfahrzeug wie ein BMW bietet zudem ein exzellentes und unverwechselbares Design sowie Freude am Fahren wie keine andere Marke.

Ihr Wettbewerber Daimler hat heute einen Rekordgewinn für 2011 präsentiert. Wird BMW die Anleger bei der Bilanzvorlage ebenso begeistern?

Reithofer Das wird sich im März zeigen, wenn wir unsere Finanzzahlen vorlegen. Klar ist, dass das abgelaufene Geschäftsjahr mit einem Absatz von über 1,6 Millionen Fahrzeugen und jeweils neuen Bestmarken bei BMW, Mini und Rolls-Royce das bislang beste in der Unternehmensgeschichte ist.

Wäre ein Auseinanderbrechen der Eurozone wegen der immer neuen Probleme für BMW ein Problem?

Reithofer Ein Scheitern des Euro und eine Wiedereinführung der D-Mark hätte für die gesamte deutsche Wirtschaft mit ihren hohen Exporten erhebliche Folgen. Das würde zu einer erheblichen Aufwertung unserer Währung führen. Eine Verteuerung der Exporte würde sich letztlich sicher auch negativ auf die Beschäftigung in Deutschland auswirken.

Rechnen Sie mit einem Auseinanderbrechen der Euro-Zone?

Reithofer Nein, davon gehen wir nicht aus. Es ist jedoch wichtig, dass nun die Voraussetzungen für einen dauerhaft stabilen Euro geschaffen werden.

Droht eine globale Auto-Rezession?

Reithofer Nein, wir rechnen nicht mit einer Rezession. Der weltweite Automobilmarkt dürfte 2012 um etwa vier Prozent zulegen. Der US-Markt wächst, und auch in Asien und Lateinamerika läuft das Geschäft gut. In Europa rechnen wir dagegen mit einer Stagnation. Was die BMW Group betrifft, wollen wir auch 2012 wachsen.

Womit will BMW künftig punkten?

Reithofer Heute wie auch in Zukunft mit Freude am Fahren, die immer schon in der DNA eines jeden BMW verankert ist. Unsere Fahrzeuge stehen aber nicht nur für Dynamik allein, sondern für effiziente Dynamik. Wir werden also den Verbrauch unserer ohnehin sparsamen Fahrzeuge zukünftig noch weiter senken, ohne dass die Kunden auf Leistung verzichten müssen. Aber natürlich werden wir unseren Kunden auch in Zukunft innovative Technologien, eine hervorragende Qualität und ein erstklassiges Design bieten.

Ein Beispiel bitte.

Reithofer Wir gehen mit dem BMW i völlig neue Wege und setzen in puncto Leichtbau neue Maßstäbe. Der BMW i3 wird in 2013 als unser erstes vollelektrisches Auto auf den Markt kommen.

Könnte es Ihr Wachstum gefährden, wenn Menschen weniger Wert auf das Prestigeobjekt Auto legen?

Reifhofer Unsere Absatzzahlen sprechen eine andere Sprache. Ich sehe keinen Trend, der weg vom Automobil geht. Das belegen auch die hohen Besucherzahlen auf Automobilmessen. Dass das Interesse gerade auch an Luxus-Fahrzeugen gestiegen ist, zeigt die Entwicklung bei Rolls-Royce. Dort haben wir soeben den Verkaufsrekord von 1978 eingestellt. Um dem hohen Interesse von Kunden an diesen Autos gerecht zu werden, haben wir die Modellpalette erweitert und verdienen mit der Marke gutes Geld.

Und was ist mit dem Mini?

Reithofer Auch hier wurden unsere ursprünglichen Absatzerwartungen deutlich übertroffen. Wir bieten insbesondere jüngeren Leuten hippe, schicke Fahrzeuge mit Top-Technik. Auch deshalb ist der Mini ein Riesenerfolg.

Was heißt das?

Reithofer Wir hatten zunächst geplant, etwa 100 000 Fahrzeuge des neuen Mini im Jahr zu verkaufen. Jetzt liegen wir bei über 280 000 Fahrzeugen im Jahr – ein Erfolg, mit dem wir so nicht gerechnet haben. Auch meine 15-Jährige Tochter schwärmt von diesem Wagen – natürlich in hippen Farben. Und gleichzeitig zeigt sich, dass beim Mini besonders die teureren und hochmotorigen Versionen wie der Cooper S bei den Kunden besonders beliebt sind.

Von Apple lernen, heißt siegen lernen?

Reithofer Wir sind BMW und als weltweit führender Premiumhersteller ebenfalls sehr erfolgreich. Aber Apple bestätigt, dass die richtigen Produkte einen Markt dominieren können.

Wie zum Beispiel mit Hybrid-Autos?

Reithofer Wir werden unser Angebot an Hybrid-Fahrzeugen sukzessive erweitern. So kommt der BMW 5er Hybrid im März auf den Markt.

Welchen Anteil werden Elektro- und Hybrid-Autos 2020 im Markt haben?

Reithofer Wir gehen davon aus, dass 2020 der Marktanteil von Elektrofahrzeugen und Plug-In-Hybrid-Wagen bei etwa zehn Prozent liegt. Wir haben aber einen langen Atem.

BMW scheint mit dem Beharren auf strategischen Zielen ähnlich zu ticken wie der Düsseldorfer Konzern Henkel, bei dem Sie im Aufsichtsrat sitzen, und der so wie BMW von einer Familie kontrolliert wird.

Reithofer BMW und Henkel denken beide langfristig. Insofern sind sich beide Unternehmen ähnlich.

Erwarten Sie bei Autos eine Zweiteilung des Marktes? Die Spitzenmarken kommen alle aus Europa, der einfache Markt wird aus Asien bedient?

Reithofer Klar ist, dass wir uns in Europa mit Qualität und Innovationen positionieren müssen. Im Premiumsegment tut uns der intensive Wettbewerb übrigens gut.

Warum bauen Sie die Produktion in den USA immer weiter aus und bauen sogar ein neues Werk in Brasilien auf. Ist Deutschland zu teuer?

Reithofer Nein. Wir haben ein klares Bekenntnis zum Produktionsstandort Deutschland abgegeben und werden im Zeitraum 2011 und 2012 über zwei Milliarden Euro in unsere deutschen Standorte investieren. Deutschland verfügt zudem über eine hervorragende Infrastruktur und eine gute Ausbildung.

Dann könnten Sie ja alle Wagen hierzulande bauen.

Reithofer Wir wollen 2020 über zwei Millionen Fahrzeuge absetzen, und dieses Wachstum findet insbesondere im Ausland statt. Deshalb investieren wir in Ländern wie den USA und China. Damit verringern wir zudem unsere Währungsrisiken und vermeiden Importzölle.

Wenn BMW immer mehr Wagen in Übersee verkauft, lernt der Konzern dann von diesen Märkten?

Reithofer Die ausländischen Kunden haben spezielle Bedürfnisse: In Asien sind zum Beispiel TV- und Entertainment-Systeme im Auto Standard, ebenso Massagesitze. Ich denke, dass sich der dortige Trend zu einem höheren Wohlfühlfaktor im Auto auf Dauer auch hier durchsetzen wird.

Reinhard Kowalewsky und Thomas Reisener führten das Gespräch mit Norbert Reithofer am Rande des 12. Internationalen Car-Symposiums in Bochum.

(RP)
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