Kampf gegen Fahrverbote 130 Millionen Euro für saubere Luft

Berlin/Düsseldorf · In vielen Innenstädten kommen immer noch zu viele Schadstoffe aus den Auspuffen alter Diesel. Um Fahrverbote zu vermeiden, sollen in Bonn, Essen und anderen Städten Projekte für saubere Luft getestet werden. Die Republik soll davon lernen.

In vielen deutschen Städten ist die Schadstoffbelastung zu hoch. Von Bonn und Essen sollen deshalb auch andere Kommunen lernen.

In vielen deutschen Städten ist die Schadstoffbelastung zu hoch. Von Bonn und Essen sollen deshalb auch andere Kommunen lernen.

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Unabhängig vom Tauziehen um mögliche Nachrüstungen von Diesel-Fahrzeugen wollen fünf Städte in Deutschland zeigen, was sie im Ringen um bessere Luft aus eigener Kraft bewerkstelligen können. Die Oberbürgermeister aus Bonn, Essen, Mannheim, Reutlingen und Herrenberg stellten am Dienstag in Berlin Projekte vor, die der Bund bis 2020 mit 130 Millionen Euro fördern wird. Im Wesentlichen geht es dabei um neue Ideen für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der mehr Autofahrer zum Umstieg auf Bus oder Bahn bewegen soll.

Wegen zu hoher Schadstoffbelastungen drohen in knapp 70 deutschen Städten Fahrverbote für ältere Diesel, die als wesentliche Quelle für die innerstädtische Stickoxid-Belastung gelten. In NRW überschritten 2017 elf Städte den zulässigen Grenzwert, unter anderem Düsseldorf, Köln, Dortmund, Aachen, Leverkusen, Solingen und Essen. Auch wenn die Werte teilweise wieder rückläufig sind, arbeiten die Behörden derzeit mit Hochdruck an neuen Luftreinhalteplänen, um Fahrverboten dauerhaft abzuwenden.

Deshalb rücken die Oberbürgermeister von Essen und Bonn, Thomas Kufen und Ashok Sridharan (beide CDU), zusammen mit ihren Amtskollegen aus Mannheim, Reutlingen und Herrenberg jetzt in den Fokus aller nach sauberer Luft schnappenden deutschen Städte.

Bonn will die Bürger mit einem 365-Euro-Ticket dazu bringen, das eigene Auto stehen zu lassen und für nur einen Euro pro Tag auf Bus und/oder Bahn umzusteigen. Außerdem will die Stadt mit Unternehmen in Gespräche mit dem Ziel einsteigen, eine bessere Beteiligung an sogenannten Jobtickets zu erreichen. Dabei sollen Firmen dann nicht mehr gleich für 100 Prozent ihrer Belegschaft solche Jobtickets kaufen müssen. Zudem ist ein Tagesticket für fünf Personen zum Preis von einer Person geplant.

Reutlingen führt ebenso wie Bonn das 365-Euro-Jahresticket ein. Zudem will Reutlingen sein Nahverkehrsangebot mit zehn neuen Buslinien und mehr als 100 neuen Haltestellen massiv ausbauen.

Essen will sein ÖPNV-Netz ebenfalls massiv ausbauen und verspricht durch eine höhere Taktung von Bussen und Bahnen kürzere Wartezeiten und eine bessere Anbindung. Busse und Bahnen sollen künftig nicht mehr alle zehn Minuten, sondern alle fünf Minuten pro Linie fahren. Dafür braucht Essen 24 zusätzliche Busse und bis zu 80 zusätzliche Fahrer.

Mannheim errichtet einen sogenannten „Micro-Hub“ (Umschlagplatz für Logistik), von dem aus ausschließlich Elektrofahrzeuge sämtliche Pakete, die in die Innenstadt von Mannheim geliefert werden, klimaneutral zu den Empfängern bringen. Außerdem ist eine Güterseilbahn zwischen Ludwigshafen und Mannheim geplant. Auch hier ist ein klimaschonender Transport von Gütern das Ziel. Zudem will Mannheim für Busse und Bahnen einen E-Tarif einführen. Man bezahlt per App bargeldlos. Berechnet wird nur die Luftlinie einer Strecke von A nach B, nicht die tatsächlich gefahrene Strecke.

Herrenberg setzt auf Digitalisierung, will den Verkehr in der Innenstadt dynamisch steuern und möglichst den Stop-and-Go-Verkehr beenden, der als einer der Hauptauslöser von Stickoxidausstoß durch Anfahren und Beschleunigen gilt. Die Geschwindigkeit soll auf den Hauptachsen der Stadt dynamisch zwischen 20 und 40 Stundenkilometer begrenzt werden.

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