Paul Ryan von den US-Republikanern Der Mann für die radikalen Haushaltskürzungen

Washington · Die konservativen Meinungsführer in den USA hatten zuletzt immer lauter Paul Ryan als republikanischen Vizekandidaten für die Präsidentschaftswahl im November gefordert. Mitt Romney hat die Rufe nun erhört.

Amerika steht vor einer Richtungswahl
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Es war eine Kurzbotschaft, die Romneys Wahlkampfteam am Samstag mitteilte. "Romney-Ryan ist das republikanische Gespann", hieß es darin. Das einflussreiche Magazin "Weekly Standard" trommelte für den Kongressabgeordneten aus Wisconsin, auch das wirtschaftsnahe "Wall Street Journal" sprach eine Empfehlung für Ryan aus. Nun will der designierte Präsidentschaftskandidat den 42-jährigen Nachwuchsstar der Republikaner nach Informationen aus Parteikreisen als seinen "running mate" vorstellen.

Ryan ist der Kopf hinter der republikanischen Haushaltspolitik im Kongress. Seit Jahren verfechtet er im politischen Nahkampf in Washington die Rezepte der Partei gegen den hohen Schuldenstand und das maue Wirtschaftswachstum: weniger Staat, niedrigere Steuern, radikale Reformen des Sozialsystems. Nach Meinung des "Wall Street Journal" steht der Chef des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus wie kein anderer für die "Generationenentscheidung über die Rolle der Regierung", die am 6.
November anstehe.

Der Wirtschafts-Wahlkampf

Mit Ryan an seiner Seite wird Romney seinen Wahlkampf noch stärker auf die Wirtschaft zuschneiden. Der frühere Fondsmanager wirft Präsident Barack Obama vor, den USA einen "Sozialismus nach europäischem Vorbild" aufzwingen zu wollen.

Der Staatseinfluss habe dabei nicht nur die Staatsverschuldung weiter in die Höhe getrieben, sondern auch eine Erholung der Konjunktur nach der schweren Wirtschaftskrise blockiert. Als Beleg führt Romney, der Ende August auf dem Parteitag der Republikaner in Florida offiziell zum Kandidaten gekürt werden soll, die Arbeitslosenquote von mehr als acht Prozent an.

Anders als Romney, der erst 2003 als Gouverneur von Massachusetts in der Politik eine gestaltende Rolle übernahm und seine Vergangenheit als Geschäftsmann rühmt, ist Ryan ein Geschöpf Washingtons. Mit nur 28 Jahren wurde er 1998 in das Repräsentantenhaus gewählt, zuvor hatte er bereits als Mitarbeiter im Kongress und für eine konservative Denkfabrik in Washington gearbeitet. Das Online-Magazin "Politico" schrieb, Ryans Erfahrung in der Privatwirtschaft beschränke sich weitgehend auf Schüler- und Studentenjobs als Burgerbrater bei McDonald's sowie als Fitnesstrainer.

Ryan stammt aus Janesville im Südosten von Wisconsin, noch heute lebt er dort mit seiner Frau und seinen drei Kindern. Der Sohn eines Bauunternehmers wuchs in behüteten katholischen Verhältnissen auf, doch im Sommer 1986 musste er einen schweren Schicksalsschlag verarbeiten: Der damals 16-Jährige fand seinen Vater tot im Bett, gestorben an einem Herzinfarkt. "Ich wurde wirklich schnell erwachsen", sagte Ryan dem Magazin "New Yorker".

Abschluss in Wirtschaft und Politik

Der Jugendliche widmete sich nach dem Tod des Vaters mit größerem Ernst der Schule. In seiner Freizeit las er die Werke der libertären Philosophin Ayn Rand sowie der Ökonomen Friedrich Hayek und Ludwig von Mises — jene Denker, auf deren Ideen die wirtschaftsliberalen Positionen vieler Republikaner heute fußen.

Den Uniabschluss machte Ryan in Wirtschaft und Politik an der Miami University im Bundestaat Ohio, dann begann sein steiler Aufstieg in Washington. Mit Anfang 40 sei er nun "der womöglich einflussreichste Politikstratege in der republikanischen Partei", urteilte die "New York Times".

Ein Vizekandidat Ryan birgt für Romney aber auch Risiken. Der Budgetplan, den der Haushaltsexperte im März durch das Repräsentantenhaus brachte, sieht Kürzungen von mehr als fünf Billionen Dollar über das kommende Jahrzehnt vor — darunter bei Lebensmittelhilfen und der Krankenversicherung für Arme. Die Steuern sollen dagegen sinken, auch für Reiche. Das Ryan-Budget passt genau in Obamas Botschaft, mit Romney drohe der soziale Kahlschlag.

Außerdem müsse Romney für einen Wahlsieg vor allem die Wechselwähler in Schlüsselstaaten wie Florida oder Ohio gewinnen, sagt der Politikprofessor Alan Abramowitz von der Emory University. "Und ich denke nicht, dass ihm Paul Ryan dabei in irgendeiner Weise behilflich sein wird."

(AFP)
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