Die Nacht im Überblick UN-Chef kündigt Reise zu Putin und Selenskyj an

Kiew · Im Osten der Ukraine findet die erwartete russische Großoffensive so offenbar nicht statt. Dennoch kann Moskau vereinzelt militärische Erfolge verbuchen. UN-Chef Guterres will sich nun in den Konflikt einschalten. Ein Überblick zum Geschehen in der Nacht.

Warnschild «Minengefahr» während eines Minenräumeinsatzes in der Nähe des von russischen Besatzern befreiten Dorfs Bervytsia nahe Kiew.

Warnschild «Minengefahr» während eines Minenräumeinsatzes in der Nähe des von russischen Besatzern befreiten Dorfs Bervytsia nahe Kiew.

Foto: dpa/---

So sehr die militärische Lage in der Ukraine die Menschen beschäftigt, so sehr fehlen unabhängige Berichte. Aus den Lagern der Kriegsbeteiligten kamen in der Nacht zum Samstag offizielle Mitteilungen. Die Angaben können aber von Eigeninteressen gefärbt sein.

Russische Truppen haben sich nach ukrainischen Angaben in mehreren Orten in der Ostukraine festgesetzt. Demnach haben russische Einheiten etwa in der Kleinstadt Losowa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in der Region Charkiw im Osten des Landes, Fuß gefasst, wie der der ukrainische Generalstab in seinem Bericht am Freitagabend mitteilte.

Zudem hieß es von ukrainischer Seite, in den Gebieten Selena Dolyna in der Region Donezk und dem etwa 40 Kilometer östlich liegenden, vor wenigen Tagen eroberten Krimenna in der Region Luhansk, bauten russische Truppen ihre Positionen aus und bereiteten sich auf weitere Vorstöße vor. Auch in dem Ort Stepne in der Region Donezk hätten sie Fuß fassen können.

Abgewehrt habe man Angriffe etwa in der Region Luhansk, die laut ukrainischen Angaben bereits zu rund 80 Prozent unter russischer Kontrolle steht, im Bereich der Stadt Rubischne und des Dorfes Nowotoschkiwske. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj rief unterdessen die Ukrainer zu Widerstand gegen Russland auf. „Jeder muss sich bei jeder Gelegenheit gegen die Besetzung wehren“, sagte Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft in der Nacht zum Samstag. Die Menschen sollten nicht mit den Russen kooperieren. Jene, die in von russischen Einheiten kontrollierten Gebieten lebten, sollten diesen „so viele Probleme wie möglich machen.“

Ukrainischen Angaben zufolge könnte am Samstag eine Evakuierung aus der stark zerstörten ukrainischen Hafenstadt Mariupol stattfinden. Das teilte die Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am späten Freitagabend auf Facebook mit. Sie schrieb weiter, dass Fluchtkorridore aus der Stadt bereits mehrmals gescheitert seien und dass sie verstehe, wie schwer dies für die Menschen sei. „Sie und ich müssen es aber so oft versuchen, bis es klappt.“

Unweit der von russischen Truppen belagerten südostukrainischen Hafenstadt Mariupol deuten Satellitenbilder auf ein mögliches weiteres Massengrab hin. „Dieses Mal im linksufrigen Stadtbezirk beim Friedhof von Wynohradne“, teilte der Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko am Freitag bei Telegram mit. Die Besatzungskräfte würden so versuchen, Kriegsverbrechen zu verschleiern. Die vom US-Satellitenfotodienst Maxar verbreiteten Aufnahmen aus dem Zeitraum vom 22. März bis 15. April sollen einen Friedhof bei Wynohradne vor, während und nach einer Erweiterung der Gräber zeigen. Die Angaben können nicht unabhängig überprüft werden.

Eine Ankündigung des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu, nicht näher bestimmte „neue Methoden der Kriegsführung“ einzusetzen, ist nach britischer Einschätzung ein stillschweigendes Eingeständnis, dass Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht vorankommt wie geplant. Dennoch werde es eine Weile dauern, die Taktiken anzupassen und zu verbessern, teilte das britische Verteidigungsministerium am Freitagabend unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Das gelte besonders für den landbasierten Manöverkrieg.

Rund zwei Monate nach Beginn der russischen Invasion in die Ukraine will sich UN-Generalsekretär António Guterres im großen Stil in die Ukraine-Diplomatie einschalten und kommende Woche Russland und die Ukraine besuchen. Nach einem Empfang durch Russlands Präsident Putin am Dienstag in Moskau wird Guterres in die Ukraine weiterreisen und dort am Donnerstag unter anderem Präsident Selenskyj treffen, wie die Vereinten Nationen am Freitag (Ortszeit) in New York mitteilten. Der UN-Chef hatte zuvor um die Treffen gebeten, um im Ringen um eine Waffenruhe in dem Konflikt zu vermitteln.

Unterdessen bestellte das Außenministerium der Republik Moldau den russischen Botschafter ein. Man wolle seine „tiefe Besorgnis“ über die Äußerungen eines hochrangigen Militärkommandeurs zum Ausdruck zu bringen, teilt das Außenministerium auf seiner Internetseite mit.

Am Freitag hatte ein russischer hochrangiger Militär gesagt, in der zweiten Phase des Krieges in der Ukraine wolle man den Donbass im Osten sowie den Süden des Landes einnehmen und da sei noch ein Zugang zu Transnistrien, wo auch eine „Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung“ festgestellt werde. Russland begründet mit dieser Argumentation auch seinen Angriffskrieg in der Ukraine. In der von der Republik Moldau abtrünnigen Region Transnistrien sind russische Truppen stationiert. Die Aussagen aus Russland bestätigten zudem, was er bereits mehrmals gesagt habe: „Dass die russische Invasion in die Ukraine nur der Anfang sein sollte und sie danach andere Länder einnehmen wollen.“

(peng/dpa)
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