Medikamenten-Notstand in Damaskus Syrische Hilfsorganisation gibt krebskranken Kindern Hoffnung

Damaskus · Nach Jahren des Bürgerkriegs haben Krebskranke in Syrien kaum Chancen auf Behandlung. Medikamente sind oft nicht verfügbar – und wenn doch, sind sie für viele Syrer nicht bezahlbar. In Damaskus hilft ihnen eine private Organisation.

 Eine syrische Mutter sitzt im Kinderkrankenhaus von Damaskus bei ihrem krebskranken Kind.

Eine syrische Mutter sitzt im Kinderkrankenhaus von Damaskus bei ihrem krebskranken Kind.

Foto: AP/Omar Sanadiki

Mit ihren Infusionsständern spazieren die jungen Patienten durch helle Flure. Pflegekräfte versorgen Babys, Teenager bekommen in Ruhesesseln eine Chemotherapie. In einem Nebenraum können Kinder malen und zeichnen, um sich die Zeit zu vertreiben. Die Betten der Kinderkrebsstation in einer Klinik in der syrischen Hauptstadt Damaskus füllen sich schnell. Dass es sie überhaupt gibt, ist der privaten Hilfsorganisation Basma zu verdanken.

Die Organisation ist in Syrien zum wichtigsten Anbieter von kostenfreien Krebsbehandlungen für Kinder geworden. Für viele schwer kranke Patienten in dem kriegsgeplagten Land ist sie damit ein Hoffnungsschimmer – ohne Basma hätten große Teile der verarmten syrischen Bevölkerung bei einer Krebsdiagnose überhaupt keine Aussicht auf eine angemessene medizinische Versorgung.

Etwa die Hälfte der Krankenhäuser in Syrien wurde in den mehr als zehn Jahren des Bürgerkriegs zerstört oder geschlossen. Vor Beginn des Krieges hatte die Regierung in staatlichen onkologischen Einrichtungen Medikamente zur Krebsbehandlung frei zur Verfügung gestellt. Doch seit 2011 ist die Versorgung unterbrochen.

Schätzungen zufolge hat der syrische Bürgerkrieg fast einer halben Million Menschen das Leben gekostet. Mehrere weitere Millionen wurden in die Flucht getrieben. Die Kampfhandlungen haben inzwischen zwar deutlich nachgelassen. Von Normalität ist das Land aber noch immer weit entfernt. Die Wirtschaft liegt am Boden, nicht zuletzt wegen Sanktionen des Westens. Die Währung ist in dramatischer Weise eingebrochen. Unzählige Familien kämpfen ums Überleben.

Selbst in großen Krankenhäusern fehlt es an Medikamenten und medizinischer Ausrüstung. Ohnehin können sich nur die wenigsten Menschen in Syrien die bei einer Krebserkrankung erforderliche Behandlung leisten. „Der Arzt sagte uns, die Medikamente seien knapp und wir müssten uns das meiste selbst besorgen“, sagt eine Frau aus der Küstenprovinz Latakia, die gegenüber der Nachrichtenagentur AP nur ihren Spitznamen Umm Hamseh nennen will.

Bei dem 14-jährigen Sohn von Umm Hamseh wurde eine akute myeloische Leukämie diagnostiziert. Es handelt sich dabei um eine aggressive Form von Blutkrebs, die auch Kinder treffen kann. „Das Leben ist sehr schwierig“, beklagt die Mutter. Für sie und viele andere sind die von Basma betriebenen Stationen am Al-Bairuni-Krankenhaus und am Kinderkrankenhaus von Damaskus daher ein ganz besonders wertvoller Zufluchtsort.

„Sie haben uns sofort aufgenommen und sich vom ersten Tag an um alles gekümmert“, sagt Umm Hamseh. Neben der medizinischen Behandlung bietet das am nördlichen Rand der Stadt gelegene Al-Bairuni-Krankenhaus auch Unterkünfte für die Eltern von kranken Kindern aus weiter entfernten Regionen des Landes sowie psychologische Betreuung für alle Beteiligten.

„Der anhaltende Konflikt und der wirtschaftliche Niedergang beeinträchtigen in Syrien seit mehr als einem Jahrzehnt in verheerender Weise den Zugang zu Gesundheitsleistungen für Kinder, was das Leben von Tausenden mit potenziell behandelbaren Krankheiten gefährdet“, sagt Bo Viktor Nylund, der beim UN-Kinderhilfswerk Unicef für Syrien zuständig ist. Krebs zu bekämpfen und zu überleben, sei in keinem Land einfach.
„Aber ein Konfliktgebiet ist wirklich das schlimmste Umfeld für krebskranke Kinder.“ Unterstützung wurde Unicef im März aus Kuwait zugesagt: Der Kuwait Fund will Krebsmedikamente für mehr als 4000 betroffene Kinder in Syrien spenden.

Die Organisation Basma eröffnete in Syrien bereits im Jahr 2008 eine Station zur Untersuchung und Behandlung von Kindern mit Krebs. Im Krankenhaus Al-Bairuni hatte sie zunächst 20 Betten und versorgte weitere acht Patienten ambulant. Auf dem Höhepunkt des Bürgerkriegs war eine Front zwischen dem von Regierungstruppen kontrollierten Damaskus und den von Rebellen gehaltenen Vororten direkt vom Krankenhaus aus zu sehen. Die meisten Betten blieben in dieser Zeit leer, Krebsbehandlungen wurden kaum noch durchgeführt.

Inzwischen kann Basma 38 stationäre Betten anbieten. Bis Ende des Jahres sollen es sogar 72 sein. Im Laufe eines Jahres können nach Angaben der syrischen Organisation etwa 650 Kinder mit einer Krebserkrankung kostenlos behandelt werden.

„Wir kämpfen sehr darum, diese Medikamente zu beschaffen“, sagt die Basma-Vorsitzende Suhair Bulad. Bislang sei es der Organisation aber gelungen, dass an keinem einzigen Tag welche gefehlt hätten. „Syrische Kinder sind wie alle anderen Kinder“, betont Bulad. „Sie haben ein Recht darauf, bei Bedarf eine umfassende Behandlung zu erhalten.“

(peng/dpa)
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