Klage über Einschränkungen Palästinensische Präsidentenwahl: Gespannte Ruhe
Ramallah/Gaza (rpo). Einen Tag vor der palästinensischen Präsidentschaftswahl herrscht teils Chaos im Gazastreifen. Dies könnte die Wahl negativ beeinflusen. Derweil wurden im Gazastreifen zwei spanische Journalisten für kurze Zeit entführt.
Bei den Kidnappern handelte es sich um Mitglieder der Al-Aksa-Märtyrerbrigaden. Die Journalisten, die zur Zeit des Vorfalls Bilder eines zerstörten Hauses im Flüchtlingslager Chan Junis machten, wurden nach anderthalb Stunden unverletzt freigelassen. Die Täter hätten aus persönlichen Gründen gehandelt, sagte ein Sprecher der Märtyrerbrigaden, und verurteilte die Aktion.
Der Vorfall belegte die chaotische Lage im Gazastreifen, die auch die Wahl belasten könnte. Rund 1,8 Millionen Palästinenser sind am Sonntag aufgerufen, einen Nachfolger für Jassir Arafat zu bestimmen. Als klarer Favorit geht PLO-Chef und Interimspräsident Mahmud Abbas ins Rennen. Sein stärkster Rivale, der Menschenrechtsaktivist Mustafa Barghuti, kam in Umfragen nicht einmal auf die Hälfte von Abbas' Stimmen.
Als entschiedener Gegner der seit mehr als vier Jahren andauernden Intifada setzte sich der 69-Jährige Abbas im Wahlkampf für eine zügige Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit der israelischen Regierung ein. Auf der anderen Seite streckte er die Arme nach dem gewaltbereiten Teil der Wählerschaft aus und stellte sich demonstrativ hinter die bewaffneten palästinensischen Gruppen.
Barghuti der Reformer
Der 50-Jährige Mustafa Barghuti hat sich im Wahlkampf als Reformer, Fürsprecher der Armen und als Kämpfer gegen die Korruption in der palästinensischen Autonomiebehörde dargestellt. Er ist ein entfernter Cousin des populären Fatah-Politikers Marwan Barghuti, der wegen Beteiligung an Terroranschlägen eine lebenslange Haftstrafe in Israel verbüßt.
Die Wahllokale sollten am Sonntag um 07.00 Uhr Ortszeit (08.00 Uhr MEZ) öffnen und zwölf Stunden später schließen. Mit den ersten Ergebnissen wurde in der Nacht zum Montag gerechnet.
Abgesehen von der Entführung in Chan Junis herrschte in den palästinensischen Gebieten am Samstag eine gespannte Ruhe. Internationale Wahlbeobachter untersuchten die Situation an israelischen Kontrollposten im Westjordanland und im Gazastreifen. Palästinensische Politiker beklagten sich, Israel halte sein Versprechen, die Reisebeschränkungen zur Wahl zu erleichtern, nicht vollständig ein.
An einer Kontrollstelle in Gaza warteten am Samstag mehrere hundert Autos. Palästinenser berichteten, ein 60 Jahre alter Insasse eines Taxis sei dort von Soldaten erschossen worden. Die israelische Armee erklärte, Soldaten hätten auf einen sich nähernden Bewaffneten geschossen. Später am Samstag entspannte sich die Lage an dem Posten wieder.
Carter trifft Abbas
Der frühere US-Präsident Jimmy Carter, der einer Delegation amerikanischer Wahlbeobachter vorsteht, traf mit PLO-Chef Abbas zusammen. Nach dem Treffen besuchte Carter das Grab Arafats.
Israel hat versprochen, die palästinensische Wahl zu unterstützen, unter anderem durch einen 72-stündigen Rückzug der Truppen aus verschiedenen Städten in den Autonomiegebieten. Außerdem sollten Reisebeschränkungen für den Wahltag gelockert werden.
Die Vorbereitungen für die Wahl waren nach palästinensischen Angaben am Samstag abgeschlossen. Die Urnen seien an fast alle der über 1.000 Wahllokale im Westjordanland und im Gazastreifen ausgeliefert worden. Lediglich in der Nähe von Nablus gebe es Probleme, acht Dörfer zu erreichen. Schuld seien Sperren und Ausgehverbote. Doch man wolle Kontakt mit den israelischen Stellen aufnehmen, um die Übergabe der Wahlurnen zu koordinieren.