Gewalt in der Ukraine "Schröder sollte Einfluss bei Putin geltend machen"

Brüssel · Die Gewalt in der Ukraine eskaliert. Die EU-Außenminister kommen deshalb am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammen, um Sanktionen zu beschließen.Der Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament, Elmar Brok (CDU), setzt sich seit Monaten für eine politische Lösung des Konfliktes ein und unterstützt die friedliche Opposition um Ex-Box-Champion Vitali Klitschko. Am Mittwoch reiste er nach Kiew, um für ein Ende der Gewalt zu werben.

Ausschreitungen, Gewalt, Blut und Tote: der Mittwoch in Kiew
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Was erwarten Sie von den EU-Außenministern?

Brok: Die Zeit politischer Appelle ist vorbei. Die EU muss jetzt handeln und schnellstmöglich personenbezogene Sanktionen gegen die politisch Verantwortlichen für die Gewalt gegen friedliche Demonstranten in Kraft setzen.

Welche genau?

Brok: Ich erwarte Einreisesperren in die EU für führende Personen aus Politik, Wirtschaft und Justiz. Zudem müssen ihre Konten und ihr sonstiges Vermögen in Europa gesperrt werden. Denn sie haben ihr Geld vielfach in Berlin, Wien, Amsterdam oder London angelegt. Zudem muss geprüft werden, ob es sich dabei um legal erworbenes Vermögen handelt.

Diplomaten zufolge könnten der ukrainische Staatschef und seine Familie von den Sanktionen ausgenommen werden, um die Tür für eine Verhandlungslösung nicht zu schließen. Wäre das akzeptabel?

Brok: Ich spekuliere jetzt nicht über einzelne Namen. Entscheidend ist, dass diejenigen politischen Entscheidungsträger bestraft werden, die für die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten verantwortlich sind.

 Elmar Brok ist Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament.

Elmar Brok ist Chef des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament.

Foto: afp, KAREN BLEIER

Was ist mit Wirtschaftssanktionen?

Brok: Ein Importbann für Ausrüstungsgegenstände, die zur Repression der Bevölkerung genutzt werden können, wäre wünschenswert. Aber wir wollen keine Maßnahmen, die in erster Linie die Zivilbevölkerung treffen. Die Sanktionen müssen sich gezielt gegen die Verursacher der Gewalt richten. Und sie dürfen nicht die Kanäle für eine Verhandlungslösung kappen.

Alt-Kanzler Gerhard Schröder hat die UN als Mittler ins Spiel gebracht. Eine gute Idee?

Brok: Eine durchsichtige Strategie. Er will doch nur, dass der UN-Sicherheitsrat, in dem Russland ein Veto hat, ins Spiel kommt. Herr Schröder sollte lieber seinen Einfluss bei Wladimir Putin für eine friedliche Lösung des Ukraine-Konflikts geltend machen — und sich ansonsten nicht einmischen.

Schröder behauptet, die EU habe sich zu eindeutig auf die Seite der Opposition gestellt, um noch vermitteln zu können?

Brok: Wir reden mit beiden Seiten und bauen jede erdenkliche Brücke. Das werden wir auch weiter tun. Aber eine politische Lösung ist nur möglich, wenn Präsident Janukowitsch sich an Regeln und Vereinbarungen hält. Er hat doch nur zur Eskalation der Gewalt als letztes Mittel gegriffen, weil es im Parlament eine Mehrheit für die Rückkehr zur Verfassung von 2004 gab, die die Rechte des Präsidenten drastisch einschränkt. Er wollte die Abstimmung auf keinen Fall.

Was also jetzt?

Brok: Die Ukraine braucht Neuwahlen nach demokratischen Prinzipien und eine Rückkehr zur Verfassung von 2004.

Was ist mit finanzieller Hilfe?

Brok: EU und Internationaler Währungsfonds haben bereits Milliardenhilfen in Aussicht gestellt. Die Voraussetzung ist aber, dass die Ukraine eine Regierung hat, die auch die nötigen Reformen für mehr Wettbewerbsfähigkeit umsetzt, und dabei demokratische und rechtsstaatliche Prinzipien wahrt. Dann bekommt sie das Geld für den Weg aus der Krise. Das ist besser als sich von Russland erpressen zu lassen. Präsident Janukowitsch und Putin versuchen, die Ukraine zu spalten. Wir wollen, dass die Ukraine ein einiges Land bleibt und frei über ihre Zukunft entscheidet. Deshalb bleibt auch das Angebot der EU, ein Assoziierungsabkommen mit Kiew abzuschließen, auf dem Tisch.

(RP)
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